Unterdrückte Wut kann verschiedene Symptome haben. Hier finden Sie einige davon, sowie Tipps, wie Sie diese Wut auflösen und loswerden können.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Diesen Begriff möchten wir Ihnen zunächst anhand eines Beispiels näher bringen. Vielleicht können Sie sich in die Lage einer Person versetzen, die in der Familie immer den Eindruck erweckt, für Ruhe und Frieden zu sorgen. Sie sind diejenige Person, die bei Streitigkeiten vermittelt und sich um die Bedürfnisse aller kümmert. Doch im Laufe der Jahre hat sich in Ihnen eine innere Wut angestaut. Das zeigt sich zum Beispiel deutlich, wenn Familienmitglieder respektlose Bemerkungen machen. Obwohl es in Ihnen brodelt, halten Sie Ihre Gefühle zurück, um den Frieden zu wahren. Sie empfinden Wut und Aggression, versuchen aber, diese nicht zu zeigen. Diese unterdrückte Wut belastet Ihre Beziehung zum Partner und zu den Kindern, die von Ihrer inneren Unruhe nichts wissen.
Während sich “Wut rauslassen” häufig in aggressivem Verhalten manifestiert, bedeutet “innere Wut”, dass Gefühle unterdrückt oder nach innen gerichtet werden (Nordström & Pape, 2010). Das Ausmaß der unterdrückten Wut einer Person zeigt sich also darin, wie häufig eine Person ein Gefühl der Wut wahrnimmt, es aber nicht ausdrückt (Helmers et al., 2000).
Die Psychoanalyse beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Aggression. Für die klassischen Freudianer ist Aggression ein primäres Phänomen bei der Entstehung von Depressionen, die durch den Aggressionstrieb ausgelöst werden (Luutonen, 2007). Demnach folgt Aggression einer erlebten Frustration (siehe hierzu auch Frustrations-Aggressions-Theorie). Wird diese Aggression oder Wut nun chronisch unterdrückt, wird auch die Durchsetzungsfähigkeit im Verhalten verhindert. Es kann ein Gefühl von Schwäche und Ohnmacht entstehen, das wiederum die Wut verstärkt. Schließlich kann es zu einem explosiven, unangemessenen Ausdruck von Wut kommen (Greenberg & Paivio, 2003; Luutonen, 2007), z. B. zu einem unkontrollierten Wutausbruch.
Unterdrückte Wut kann sich auf verschiedene Weise äußern. Nachfolgend sind mögliche Symptome bzw. Merkmale aufgeführt, die häufig bei Personen zu finden sind, die ihre Wut unterdrücken (Booth et al., 2017):
Die unterdrückte Wut kann dann weitere Verhaltensweisen und Erleben der Person beeinflussen:
Mehrere Studien haben einen Zusammenhang zwischen Wut bzw. Aggression und Depression gefunden (Dutton & Karakanta, 2013; Luutonen, 2007). Insbesondere die Internalisierung von Wut (also Wut, die nach innen gerichtet ist) scheint ein Prädiktor für Depression zu sein (Bridewell & Chang, 1997). Dabei ist wichtig zu beachten, dass nach innen gerichtete Wut ein Merkmal unterdrückter Wut sein kann (Booth et al., 2017).
Um mit der Wut umzugehen, zeigen Personen, die Wut unterdrücken, manchmal auch passiv-aggressives Verhalten (Busch, 2009). Die Wut wird dabei indirekt ausgedrückt. Dies geschieht z.B. durch zurückhaltendes Verhalten. Aber häufig verschlimmert dieses Verhalten zwischenmenschliche Probleme, da die indirekte Wut beim Gegenüber ebenfalls Wut auslösen kann (Busch, 2009).
Wir haben bereits erfahren, dass unterdrückte Wut zu unkontrollierten Wutausbrüchen führen kann. Diese werden im Volksmund auch häufig Tobsuchtsanfall genannt. Dies ist allerdings ein veralteter medizinischer Begriff. Aber wie auch immer man Wutausbrüche bezeichnen mag: Wutausbrüche können bei Personen auftreten, die ihre Wut unterdrücken. Unkontrollierte Wutausbrüche bei Männern treten dabei häufiger auf als bei Frauen (Eagly & Steffen, 1986; Murray-Close et al., 2010).
Unterdrückte Wut kann als unreife Emotionsregulation angesehen werden. Die Ursache kann darin liegen, dass Wut in der Kindheit ständig unterdrückt werden musste, um die Beziehung zu den Eltern aufrechtzuerhalten. Häufig wird das Gefühl der Wut dann von der Angst vor den Eltern überlagert (Sulz, 2017). So kann sich beispielsweise eine Wut auf die Mutter entwickelt haben. Vielleicht fragen Sie sich: “Welches Bedürfnis steckt hinter Wut?” Möglicherweise denken Sie: “Das ist doch schon ewig her, warum sollte ich noch wütend auf meine Eltern sein?" Hier ist es wichtig zu bedenken, dass Sie vielleicht Ihre Grenzen und Emotionen nicht ausleben konnten. Hinter der Wut verbirgt sich also oft das Bedürfnis, Grenzen zu setzen, sich mitzuteilen und zu fühlen.
Eine weitere Ursache für unterdrückte Wut kann die Kultur sein. Im Vergleich zu westlichen Kulturen neigen asiatische Kulturen dazu, negative Emotionen stärker zu unterdrücken (Suh et al., 2021).
Ein Trauma ist eine emotionale Reaktion auf ein schreckliches Ereignis wie einen Unfall, eine Vergewaltigung oder eine Naturkatastrophe. Unmittelbar nach dem Ereignis sind Schock und Verleugnung typisch. Langfristige Reaktionen sind unberechenbare Emotionen, Flashbacks, angespannte Beziehungen und körperliche Symptome wie Kopfschmerzen oder Übelkeit (APA, 2022). In einer Studie konnte ein Zusammenhang zwischen Trauma und unterdrückter Wut nachgewiesen werden. Untersucht wurden Personen, die einen Autounfall erlebt hatten. Bei 30 % der Probanden wurde eine PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) diagnostiziert. Die unterdrückte Wut war bei den Probanden mit PTBS höher als bei den Probanden ohne PTBS (Chibnall & Duckro, 1994).
Es ist wichtig, dem Gefühl der Wut einen gewissen Raum zu geben. Erlauben Sie sich selbst, dieses Gefühl zu haben und nehmen Sie es wahr. Beachten Sie dabei, dass ein Gefühl nicht mit einer Handlung gleichzusetzen ist (Sulz, 2017). Sie können auch ein Wut-Tagebuch führen und Ihre Gefühle aufschreiben. Expressives Schreiben kann die Wahrnehmung und Gewöhnung an negative Emotionen beeinflussen. Es kann helfen, Gedanken zu ordnen. Außerdem kann es Reaktionen auf Stress beeinflussen (Lepore et al., 2002).
Es gibt viele Methoden, die dabei helfen können, Wut zu kontrollieren. Dazu gehören zum Beispiel Meditation (Fennell et al., 2016), Atemübungen (Brondolo et al., 1997) und Yoga (Zhang et al., 2019).
Vielleicht hat Ihnen schon einmal jemand gesagt: “Du bist wütend - lass deine Wut doch einfach raus!” Häufig werden dann Methoden wie das Schlagen auf ein Kissen genannt. Dieser Tipp beruht auf der Katharsis-Hypothese. Sie geht davon aus, dass sich Aggressionen im Laufe der Zeit anstauen und durch aggressive Ersatzhandlungen abgebaut werden können (Fischer, 2013). Diese Hypothese gilt als widerlegt. In mehreren Studien konnte der gegenteilige Effekt festgestellt werden, sodass die Aggression nach dem Ausüben von aggressivem Verhalten sogar gestiegen ist (Anderson et al., 2010). Aus diesem Grund ist es auf Dauer nicht empfehlenswert, seine Wut einfach herauszulassen.
Der Umgang mit unterdrückter Wut ist für viele Menschen eine Herausforderung. Und das ist durchaus verständlich. Oft haben Betroffene nie richtig gelernt, ihre Gefühle und Grenzen zu kommunizieren. Vielen hilft deshalb eine Wut-Therapie. Hier werden Sie professionell dabei unterstützt, einen gesunden Umgang mit ihren starken Gefühlen zu finden.
Unterdrückte Wut bedeutet, dass jemand Wut empfindet, aber mit aller Kraft versucht, sie zu verbergen. Die Folgen können Depressionen und Wutausbrüche sein. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit unterdrückter Wut auseinanderzusetzen und ggf. professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
American Psychologial Assosiation. (2022). Trauma. Abgerufen am 15.09.2023 von: https://www.apa.org/topics/trauma#:~:text=Trauma%20is%20an%20emotional%20response,symptoms%20like%20 headaches%20 or%20 nausea.
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Bridewell, W. B., & Chang, E. C. (1997). Distinguishing between anxiety, depression, and hostility: Relations to anger-in, anger-out, and anger control. Personality and Individual Differences, 22(4), 587-590. https://doi.org/10.1016/S0191-8869(96)00224-3.
Brondolo, E., DiGiuseppe, R. & Tafrate, R. C. (1997) Exposure-Based Treatment for Anger Problems: Focus on the Feeling. Cognitive and Behavioral Practice, 4, 75-98. https://doi.org/10.1016/S1077-7229(97)80013-2.
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Dutton, D. G., & Karakanta, C. (2013). Depression as a risk marker for aggression: A critical review. Aggression and Violent Behavior, 18(2), 310-319. https://doi.org/10.1016/j.avb.2012.12.002.
Eagly, A. H., & Steffen, V. J. (1986). Gender and aggressive behavior: A meta-analytic review of the social psychological literature. Psychological Bulletin, 100(3), 309–330. https://doi.org/10.1037/0033-2909.100.3.309.
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Murray-Close, D., Ostrov, J. M., Nelson, D. A., Crick, N. R., & Coccaro, E. F. (2010). Proactive, reactive, and romantic relational aggression in adulthood: Measurement, predictive validity, gender differences, and association with intermittent explosive disorder. Journal of Psychiatric Research, 44(6), 393-404. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2009.09.005.
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Suh, H. W., Lee, K. B., Chung, S. Y., Park, M., Jang, B. H., & Kim, J. W. (2021). How suppressed anger can become an illness: a qualitative systematic review of the experiences and perspectives of hwabyung patients in Korea. Frontiers in psychiatry, 12, 637029. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2021.637029.
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Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.