Aggressionen können ein Symptom bei Depression sein. Wie diese sich zeigen und was man dagegen machen kann, erfahren Sie hier.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Haben Sie schon mal das Gefühl gehabt, dass Ihr Herz vor Wut kocht und gleichzeitig in tausend Teile zerbricht? Es mag kurios klingen, aber Depressionen tauchen oft wie ungeladene Gäste auf. Sie kommen ohne Einladung vorbei und bringen eine Menge Freunde mit, die ebenfalls nicht erwünscht sind. Einer dieser unerwünschten Begleiter kann Aggression sein (Dutton & Karakanta, 2013). Der Umgang mit Depression und Aggression zugleich kann zu einer holprigen Fahrt werden. Das A und O ist, das Zusammenspiel beider Komponenten zu verstehen, um diese Fahrt zu meistern. In diesem Artikel werden Sie mehr über die Ursachen und die Auswirkungen von Depressionen und Aggressionen erfahren. Egal ob Sie selbst betroffen sind, oder Sie jemandem nahe stehen, der mit diesen zu kämpfen hat: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit für dieses wichtige Thema.
Wenn Sie das Wort “Depressionen” hören, denken Sie wahrscheinlich eher an Trauer und Lustlosigkeit (DSM-IV-TR, 2000), als an einen Wutausbruch. Auch wenn es schwer vorstellbar ist: In manchen Momenten können Depressionen ein ganz anderes Gewand annehmen. Depressionen sind nicht immer grau und farblos. Manchmal sind sie auch feuerrot und platzen mit der Brechstange ins Leben hinein. - Und das natürlich ohne vorher anzuklopfen!
Depressionen bestehen aus einem Mix von Emotionen. Sie sind wie ein Stimmungscocktail, in dem Aggression eine von vielen Zutaten sein kann. Wenn die Seele schmerzt, sucht sie manchmal nach Auswegen, um den Schmerz zu bewältigen. Gerade Situationen, die starke Emotionen auslösen wie Isolation, Alkoholkonsum, Gedankenkreisen und Impulsivität können bei Personen mit einer Depression dann zu Aggression führen (Dutton & Karakanta, 2013). Diese können sich zum Beispiel in Reizbarkeit (Johnston et al., 1991) oder in einem Wutausbruch (Painuly et al., 2011) zeigen und in einigen Fällen auch zu physischer Gewalt führen (Devries et al., 2013).
Manchmal sind die Anzeichen eher subtil und Betroffene mit Depressionen verspüren eher innere Wut (Bridewell & Chang, 1996). Ein sarkastischer Kommentar hier, ein unterschwelliger verbaler Angriff dort. In anderen Fällen ist es offensichtlicher. Es kann zu Handlungen kommen, die sowohl für die betroffene Person als auch für andere schädlich sind. Die Aggression kann sich hierbei durch Wutausbrüche, Streitlust oder sogar durch Gewalt zeigen.
Besonders wichtig ist, dass Sie den Unterschied zwischen zwei Arten von Aggressionen verstehen:
Wenn Sie diesen Artikel lesen, haben Sie es selbst vielleicht schon einmal erlebt: Menschen mit einer Depression können manchmal explosionsartig wütend werden (Medeiros et al., 2018). Häufig hängt dies mit großer Verzweiflung und Hilflosigkeit zusammen und nicht mit einer allgemeinen Tendenz zu Wutanfällen. Diese sind bei depressiven Menschen eher ein Hilfeschrei, als ein Angriff gegen jemand anderen.
Wahrscheinlich konnten Sie es sich schon denken … Hinter herkömmlichen Aggressionsproblemen steckt ein ganz anderer Auslöser. In vielen Fällen ist aggressives Verhalten eher ein erlerntes Muster (Schellenberg, 2000), mit dem Leute auf Stress oder Konflikte reagieren.
Erfahren Sie mehr über aggressives Verhalten im Wut-Coaches-Podcast!
Vielleicht kommt Ihnen diese Situation bekannt vor: Sie kommen nach einem langen Arbeitstag nach Hause. Sie freuen sich darauf, endlich die Füße hochzulegen und sich mit Ihrem Partner zu entspannen. Aber stattdessen werden Sie von einer Welle der Aggression begrüßt, die Sie fast umhaut. Die Auslöser können ganz banale Dinge sein, wie beispielsweise Haushaltsaufgaben. Gerade haben Sie sich noch auf Ihren verdienten Feierabend gefreut und jetzt möchten Sie am liebsten wieder rückwärts aus dem Haus gehen. Doch wie können Sie stattdessen mit dieser Situation umgehen? Hier sind einige Schritte, die Ihnen helfen können:
Auch wenn es Ihnen schwerfällt: Beginnen Sie damit, das Verhalten Ihres Partners aus seiner eigenen Perspektive zu betrachten. Versuchen Sie zu verstehen, dass die Aggression ein Symptom der Erkrankung ist und nicht unbedingt ein gezielter Angriff auf Sie.
Vielleicht kennen Sie das Gefühl, manchmal genug vom aggressiven Verhalten Ihres Partners zu haben. Sie spüren den inneren Drang, ebenfalls mit Aggression zu antworten. Doch aufgepasst! – Heftige Reaktionen verschlimmern meistens die Situation. – Versuchen Sie aus diesem Grund ruhig zu bleiben, wenn Ihr Partner aggressiv wird. Deeskalationstraining-Übungen können Ihnen helfen eine solche Situation besser zu meistern.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Wenn Ihr Partner häufig aggressiv wird, kann es passieren, dass Sie sich daran gewöhnen. Dadurch baut sich eine innere Toleranz für das Verhalten ihres Partners auf. Sie beginnen, Respektlosigkeit zu dulden. - Wenn Sie diese Situation kennen, sollten Sie sich folgendes besonders zu Herzen nehmen: Es ist wichtig, Grenzen zu setzen! Machen Sie klar, dass Sie bereit sind, Unterstützung anzubieten, aber dass Sie es nicht akzeptieren, wenn sich das aggressive Verhalten gegen Sie richtet.
Ermutigen Sie Ihren Partner, über seine Gefühle zu sprechen. Wie bereits im letzten Kapitel erwähnt, steckt hinter dem aggressiven Verhalten häufig ein Schrei nach Hilfe und Unterstützung. Gemeinsame Gespräche eröffnen einen neuen, gesünderen Weg, um Bedürfnisse und Wünsche zu äußern.
Vergessen Sie nicht: Sie sind nicht alleine! Sie sollten sich gegebenenfalls auch Unterstützung für sich selbst suchen. Sprechen Sie mit Freunden oder Angehörigen. Und falls Sie sich überfordert fühlen, suchen Sie professionelle Hilfe auf. Es kann eine echte Herausforderung sein, mit den Belastungen umzugehen, die durch das Leben mit einem depressiven und aggressiven Partner entstehen können.
Erfahren Sie mehr zum Thema Aggression im Wut-Coaches-Podcast!
Wenn Sie den Artikel bis hierher gelesen haben, sollten Sie sich eine Sache verinnerlichen: Es ist wahr! Aggressionen, die aus Depressionen entstehen, können das eigene Leben und das der Menschen um Sie herum erheblich beeinträchtigen. Trotzdem gibt es Hoffnung und Lösungswege, die Sie aus diesem emotionalen Labyrinth herausführen können.
Zunächst können Sie es mit herkömmlichen Methoden zur Aggressionsbewältigung versuchen. Dazu gehören Übungen zur Berhigung, wie bestimmte Atemtechniken (Perciavalle et al, 2017), oder Übungen zur Achtsamkeit (Fix & Fix, 2013). Sie könnten auch Methoden, wie Antiaggressionstrainings, “Hausmittel gegen Aggressionen”, Yoga (Dwivedi et al., 2015; Govindaraja Setty et al., 2016; Hagen et al., 2021) oder Meditation (Dua & Swinden, 1992) in Betracht ziehen. Diese können dazu beitragen, Stress zu reduzieren und dafür sorgen, dass Sie mit mehr Gelassenheit durch den Alltag gehen. Gewaltfreie Kommunikation (Kim & Kim, 2022) und Selbstreflexion sind ebenfalls wichtige Werkzeuge, die vielen Menschen dabei helfen, besser mit ihrer Aggression umzugehen.
Sie sollten allerdings niemals außer Acht lassen, dass sich dieser Artikel speziell um Aggression bei Depressionen dreht. - Vielleicht fragen Sie sich, warum es so wichtig ist, dies zu verdeutlichen. Die Antwort ist folgende:
Um Depressionen effektiv zu behandeln, ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen. Zu geeigneten Anlaufstellen bei Depressionen gehören Hausärzte, Psychiater und Psychotherapeuten. Häufig werden Depressionen parallel durch Medikation und verschiedene Therapiemethoden behandelt. Während der Behandlung werden die Betroffenen häufig von einem Psychiater begleitet, der die Medikation oder Therapiemaßnahmen gegebenenfalls anpassen kann.
Erfahren Sie mehr zu den Themen Wut und Aggression im Wut-Coaches-Podcast!
Bridewell, W. B., & Chang, E. C. (1997). Distinguishing between anxiety, depression, and hostility: Relations to anger-in, anger-out, and anger control. Personality and Individual Differences, 22(4), 587-590. https://doi.org/10.1016/S0191-8869(96)00224-3
Devries, K. M., Mak, J. Y., Bacchus, L. J., Child, J. C., Falder, G., Petzold, M., Astbury, J., & Watts, C. H. (2013). Intimate partner violence and incident depressive symptoms and suicide attempts: a systematic review of longitudinal studies. PLoS medicine, 10(5), e1001439. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1001439
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-4th Edition, Text Revision. (2000).
American Psychiatric Association, Washington, D.C.
Dua, J. K., & Swinden, M. L. (1992). Effectiveness of negative-thought-reduction, meditation, and placebo training treatment in reducing anger. Scandinavian Journal of
Psychology, 33, 135-146. https://doi.org/10.1111/j.1467-9450.1992.tb00893.x
Dutton, D. G., & Karakanta, C. (2013). Depression as a risk marker for aggression: A critical review. Aggression and Violent Behavior, 18(2), 310-319. https://doi.org/10.1016/j.avb.2012.12.002
Dwivedi, U., Kumari, S., Akhilesh, K. B., & Nagendra, H. R. (2015). Well-being at workplace through mindfulness: Influence of Yoga practice on positive affect and aggression. Ayu, 36(4), 375. doi: 10.4103/0974-8520.190693
Fix, R. L., & Fix, S. T. (2013). The effects of mindfulness-based treatments for aggression: A critical review. Aggression and Violent Behavior, 18(2), 219-227. https://doi.org/10.1016/j.avb.2012.11.009
Govindaraja Setty, A.G., Subramanya, P., & Mahadevan, B. (2016). Effect of Yoga on Human Aggression and Violent Behaviour- A Review of the Indian Yoga Scriptures and Scientific Studies. Social and Education History 5(1), 83-104. doi:10.17583/hse.2016.1859
Hagen, I., Skjelstad, S. & Nayar, U. S. (2021). “I Just Find It Easier to Let Go of Anger”: Reflections on the Ways in Which Yoga Influences How Young People Manage Their Emotions. Frontiers in Psychology, 12. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.729588
Johnston, V. L., Rogers, B. J., & Searight, H. R. (1991). The relationship between overt hostility, covert hostility, and depression. Journal of Social Behavior and Personality, 6(1), 85-92.
Kim, J., & Kim, S. (2022). Effects of a nonviolent communication-based anger management program on psychiatric inpatients. Archives of psychiatric nursing, 41, 87-95. https://doi.org/10.1016/j.apnu.2022.07.004
Medeiros, G. C., Seger, L., Grant, J. E., & Tavares, H. (2018). Major depressive disorder and depressive symptoms in intermittent explosive disorder. Psychiatry research, 262, 209-212. https://doi.org/10.1016/j.psychres.2018.02.001
Painuly, N. P., Grover, S., Gupta, N., & Mattoo, S. K. (2011). Prevalence of anger attacks in depressive and anxiety disorders: implications for their construct?. Psychiatry and clinical neurosciences, 65(2), 165-174. https://doi.org/10.1111/j.1440-1819.2010.02177.x
Perciavalle, V., Blandini, M., Fecarotta, P., Buscemi, A., Di Corrado, D., Bertolo, L., Fichera, F., & Coco, M. (2017). The role of deep breathing on stress. Neurological Sciences, 38(3), 451-458. https://doi.org/10.1007/s10072-016-2790-8
Perry, J. C., & Körner, A. C. (2011). Impulsive phenomena, the impulsive character (der Triebhafte Charakter) and DSM personality disorders. Journal of personality disorders, 25(5), 586-606. https://doi.org/10.1521/pedi.2011.25.5.586
Schellenberg, R. C. (2000). Aggressive personality: When does it develop and why?.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.