Wut kann kommen und gehen, doch welches Bedürfnis steckt hinter Wut? Hier erfährt man die wahren Gründe, was hinter Wut steckt.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Versetzen Sie sich in folgende Situation. – Sie sitzen in einer Besprechung auf der Arbeit. Es ist eigentlich ein normaler Arbeitstag. Sie fühlen sich gut und sind heute sehr konzentriert. Aber dann passiert es: – Ein Kollege unterbricht Sie mitten im Satz. – Er redet über Sie hinweg. Plötzlich spüren Sie, wie sich etwas in Ihnen zusammenbraut. Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen und Ihre Atmung wird flacher. Ihre Hände ballen sich unbewusst zu Fäusten. Sie sind wütend.
Doch warum? Was ist der Grund für Ihre Wut? Diese Frage hat sich fast jeder schon einmal gestellt. – Wut kann plötzlich auftreten und sich überwältigend anfühlen. Aber warum werden Menschen überhaupt wütend und aggressiv? Die Antwort darauf ist komplexer, als man vielleicht im ersten Moment denkt. Tatsächlich stecken hinter Wutanfällen oft unerfüllte Bedürfnisse (Kader et al., 2018). Diese können sowohl physischer als auch psychischer Natur sein. In diesem Artikel dreht sich alles um eine Frage: – Welches Bedürfnis steckt hinter Wut? – Wenn Sie sich also schon einmal gefragt haben, warum Sie oder jemand anders wütend werden, lesen Sie weiter. Erfahren Sie mehr darüber, welche Bedürfnisse hinter Wut stecken.
Keine Frage: Alle Menschen haben Bedürfnisse (Alderfer, 1969). Sowohl physisch als auch psychisch. Zu den körperlichen Bedürfnissen gehören zum Beispiel Nahrung (Meiselman, 1992), Schlaf (Tubbs et al., 2019) und Bewegung. Diese sind grundlegend für Ihr Wohlbefinden und Überleben.
Auf der psychischen Seite sieht es etwas vielfältiger aus. Der Mensch hat eine breite Palette an Bedürfnissen, die über die Essensaufnahme und genug Schlaf hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise:
Diese Bedürfnisse sind wesentliche Bausteine Ihrer psychischen Gesundheit und Ihrer Stimmung. Wenn sie erfüllt sind, fühlen Sie sich wohl und zufrieden. Werden Ihre Bedürfnisse jedoch vernachlässigt oder verletzt, kann dies zu verschiedenen Reaktionen führen (Prentice et al., 2014). Darunter auch emotionale Reaktionen wie Wut (Klassen et al., 2012; Vansteenkiste & Ryan, 2013).
Wut tritt häufig nicht einfach so ohne Auslöser auf. Sie ist vielmehr eine Reaktion auf bestimmte Umstände, die Sie wütend machen. Oft sind diese gekoppelt mit unerfüllten Grundbedürfnissen. Lassen Sie uns einige dieser Bedürfnisse genauer beleuchten.
Stellen Sie sich vor, Sie sind in einer Situation und Sie haben das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Es kann sein, dass Sie sich in einer stressigen Umgebung befinden. Etwas Unerwartetes geschieht. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt oder überfordert. In diesen Situationen ist es natürlich, dass Sie ein Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle verspüren (Alia-Klein et al., 2020). Wenn dieses Bedürfnis jedoch nicht erfüllt wird, kann folgendes passieren: Das Gefühl der Unsicherheit und Hilflosigkeit kann sich in Wut umwandeln. Sie reagieren vielleicht mit Aggression. Unterbewusst möchten Sie die Kontrolle zurückgewinnen. Dies ist ein häufiger Auslöser für Wutanfälle bei Erwachsenen.
Denken Sie nun an einen Moment, in dem Sie sich nicht wertgeschätzt oder respektiert fühlten. Vielleicht werden Ihre Bemühungen bei der Arbeit nicht anerkannt. Oder Ihre Meinung wird in einer Diskussion ignoriert. – Hier entsteht ein Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt. – Wenn dieses Bedürfnis ignoriert oder verletzt wird, fühlen Sie sich nicht ernst genommen oder gekränkt. Auch dieses Gefühl kann sich in Wut umwandeln (Kernis et al., 1989). Sie möchten gehört und anerkannt werden und werden daher vielleicht laut.
Wichtig!
Anstatt Wut zu unterdrücken oder zu ignorieren, nehmen Sie sie an. Es ist eine natürliche Reaktion. Sie zu akzeptieren, ist ein wichtiger Schritt zur Lösung. Fragen Sie sich, welche Bedürfnisse nicht erfüllt werden, wenn Sie wütend sind. Ihre Bedürfnisse zu verstehen, kann enorm dazu beitragen, besser mit Ihrer Wut umzugehen.
Mehr zum Thema erfahren Sie im Wut-Coaches-Podcast!
Wut ist mehr als nur ein flüchtiger Zustand. Betrachten Sie dieses Gefühl als Signal, das Sie auf etwas aufmerksam machen will. Beispielsweise ein unerfülltes Bedürfnis. Es ist wichtig, dieses Signal nicht zu ignorieren. Achten Sie das nächste Mal genau darauf, was Sie besonders wütend gemacht hat. So können Sie verstehen, welches Bedürfnis bei Ihnen verletzt wurde. Aber wie kann man die eigenen Bedürfnisse hinter der Wut besser erkennen und verstehen? Dazu gibt es mehrere Ansätze:
Professionelle Hilfe kann Ihnen tiefe Einblicke in Ihre Emotionen und Reaktionen ermöglichen. Ein Therapeut kann Sie dabei unterstützen, Ihre Wutauslöser zu verstehen. Beispielsweise eine Wut Therapie kann ein wirksames Mittel sein, um Wut auf konstruktive Art zu bewältigen.
Aber Vorsicht! Damit die Kosten einer Therapie von Krankenkassen übernommen werden, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Erstens: Die Therapie muss von einem Arzt oder Psychotherapeuten angeordnet werden. Zweitens: Um die Therapie anordnen zu können, muss eine medizinische Notwendigkeit vorliegen.
Die Selbstreflexion ist ein mächtiges Werkzeug, das Ihnen hilft, Ihr Inneres besser zu verstehen. Falls Sie sich jetzt fragen, wie das gehen soll, hier ein Tipp. – Führen Sie ein Tagebuch (Baikie & Wilhelm, 2018; Travagin et al., 2015). – Damit ist kein Tagebuch über Ihren Alltag und all Ihre Erlebnisse gemeint. Schreiben Sie Ihre Gedanken und Gefühle nur dann auf, wenn Sie eine Situation erleben, in der Sie wütend werden. Durch das Aufschreiben können Sie Ihre Gedanken sortieren. Gleichzeitig wird es Ihnen leichter fallen, Ihre unerfüllten Bedürfnisse Stück für Stück zu erkennen.
Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Emotionen mit Menschen, denen Sie vertrauen. Andere Menschen können Ihnen einen neuen Blickwinkel bieten. Außerdem können sie Sie dabei unterstützen, Ihre Gefühle und Bedürfnisse besser zu verstehen. Fragen Sie sich, mit wem Sie am einfachsten über Ihre Wut sprechen könnten. Und dann … tun Sie es einfach!
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Wut ist oft ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse. Diese können sowohl körperlich als auch psychisch vorkommen. Sie beinhalten unter anderem das Bedürfnis nach Autonomie, Wertschätzung, Sicherheit und Zugehörigkeit. Wenn Sie diese Bedürfnisse erkennen und verstehen, werden Sie auch Ihre Wut loswerden. Therapieansätze können dabei unterstützend wirken. Merken Sie sich eines zum Schluss: Es ist nie zu spät, die Bedürfnisse hinter Wut aufzuarbeiten, um ein entspannteres Leben zu führen.
Alderfer, C. P. (1969). An empirical test of a new theory of human needs. Organizational behavior and human performance, 4(2), 142-175. https://doi.org/10.1016/0030-5073(69)90004-X.
Alia-Klein, N., Gan, G., Gilam, G., Bezek, J., Bruno, A., Denson, T. F., ... & Verona, E. (2020). The feeling of anger: From brain networks to linguistic expressions. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 108, 480-497. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2019.12.002.
Baikie, K., & Wilhelm, K. (2005). Emotional and physical health benefits of expressive writing. Advances in Psychiatric Treatment, 11(5), 338-346. doi:10.1192/apt.11.5.33.
Greenberg, J., Solomon, S., & Pyszczynski, T. (1997). Terror management theory of self-esteem and cultural worldviews: Empirical assessments and conceptual refinements. In M. P. Zanna (Ed.), Advances in experimental social psychology, Vol. 29, pp. 61–139). Academic Press. https://doi.org/10.1016/S0065-2601(08)60016-7.
Kader, Z., & Roman, N. V. (2018). The effects of family conflict on the psychological needs and externalising behaviour of preadolescents. Social Work, 54(1), 37-52. http://dx.doi.org/10.15270/54-1-613.
Kernis, M. H., Grannemann, B. D., & Barclay, L. C. (1989). Stability and level of self-esteem as predictors of anger arousal and hostility. Journal of Personality and Social Psychology, 56(6), 1013–1022. https://doi.org/10.1037/0022-3514.56.6.1013.
Klassen, R. M., Perry, N. E., & Frenzel, A. C. (2012). Teachers' relatedness with students: An underemphasized component of teachers' basic psychological needs. Journal of Educational Psychology, 104(1), 150–165. https://doi.org/10.1037/a0026253.
Meiselman, H. L. (1992). Methodology and theory in human eating research. Appetite, 19(1), 49-55. https://doi.org/10.1016/0195-6663(92)90235-X.
Prentice, M., Halusic, M., & Sheldon, K. M. (2014). Integrating theories of psychological needs‐as‐requirements and psychological needs‐as‐motives: A two process model. Social and Personality Psychology Compass, 8(2), 73-85. https://doi.org/10.1111/spc3.12088.
Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). The darker and brighter sides of human existence: Basic psychological needs as a unifying concept. Psychological inquiry, 11(4), 319-338. https://doi.org/10.1207/S15327965PLI1104_03.
Travagin, G.,Margola, D., & Revenson, T. A. (2015). How effective are expressive writing interventions for adolescents? A meta-analytic review, Clinical Psychology Review, 36, 42-55. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2015.01.003.
Tubbs, A. S., Dollish, H. K., Fernandez, F., & Grandner, M. A. (2019). The basics of sleep physiology and behavior. In Sleep and health (pp. 3-10). Academic Press. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-815373-4.00001-0.
Vansteenkiste, M., & Ryan, R. M. (2013). On psychological growth and vulnerability: Basic psychological need satisfaction and need frustration as a unifying principle. Journal of Psychotherapy Integration, 23(3), 263–280. https://doi.org/10.1037/a0032359.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.