Unkontrollierte Wutausbrüche bei Männern sind keine Seltenheit. Das sind die Ursachen & das kann man dagegen machen.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Stellen Sie sich vor, Sie sind bei einem Familienessen und plötzlich beginnt Ihr Onkel lautstark über eine Kleinigkeit zu schimpfen. Das Geschirr klirrt und seine Stimme wird lauter. Er wird rot und scheint die Kontrolle zu verlieren. Er redet sich selbst in Rage und sein Puls scheint bei 180 zu sein. Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? Unkontrollierte Wutausbrüche bei Männern (Barker et al., 2006; Carlson et al., 2023) geschehen häufiger, als Sie vielleicht denken. Manchmal sind es die kleinsten Dinge, die das Fass zum Überlaufen bringen können. Aber was genau steckt hinter diesen Wutausbrüchen bei Männern? Wie sollten Sie reagieren, wenn Sie Zeuge eines solchen Wutausbruchs werden? Und was können Männer tun, um ihre Wut zu kontrollieren?
Sie haben es bestimmt schon vermutet … und auch die Wissenschaft bestätigt es. Männer neigen häufiger zu unkontrollierten Wutausbrüchen als Frauen (Eagly & Steffen, 1986; Murray-Close et al., 2010). Doch was sind die Gründe dafür? Warum sind Männer häufiger direkt aggressiv als Frauen?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, biologische Faktoren zu betrachten. Beispielsweise haben Männer einen höheren Spiegel an Testosteron als Frauen (Archer, 1991). Zum Beispiel konnte herausgefunden werden, dass vor Wettkämpfen bei Männern ein Anstieg des Testosteron-Levels zu beobachten ist, bei Frauen hingegen nicht (Mazur & Booth, 1998). Das Testosteron soll dazu beitragen, dass die kognitive Empathie, also die Übernahme anderer Perspektiven verringert ist (van Honk et al., 2011) und egozentrische Entscheidungen fördern (Wright et al., 2012).
Neben Testosteron können auch weitere Hormone und Neurotransmitter Einfluss auf aggressives Verhalten wie unkontrollierte Wutausbrüche haben. Wenn bei einer Person ein hoher Testosteronspiegel zusammen mit einem niedrigen Cortisolspiegel vorliegt, kann dies besonders mit Aggression und Wut in Verbindung gebracht werden (Montoya et al., 2012; Terburg et al., 2009). Ein geringer Serotoninspiegel steht im Zusammenhang mit impulsiver Aggression (Bevilacqua et al., 2010; Montoya et al., 2012) und kann somit die Stimmung von Menschen beeinflussen. Auch Erkrankungen der Psyche können biochemische Prozesse aus dem Gleichgewicht bringen. Mögliche Folgen: Wutanfälle und aggressives Verhalten.
Info
Ein Beispiel hierfür ist der Zusammenhang von Depression und Aggression. In manchen Fällen können depressive Menschen zu Wutanfällen neigen (Dutton & Karakanta, 2013). Dies geschieht nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Erfahren Sie mehr über Wutausbrüche im Wut-Coaches-Podcast!
Eventuell haben Sie schon einmal davon gehört, dass auch soziale Faktoren eine Rolle spielen könnten (Estévez et al., 2014). Ein gutes Beispiel dafür kann die Erziehung sein. Vielleicht kennen Sie noch den Spruch: “Indianer kennen keinen Schmerz!”. Vor allem Männer werden dazu erzogen, besonders stark zu sein und niemals Schwäche zu zeigen. Wenn Sie so erzogen wurden, kann es passieren, dass Sie Ihre Emotionen unterdrücken. Dies gelingt Ihnen so lange, bis Sie schließlich in Form von Wut oder cholerischen Anfällen explodieren. Erfahren Sie hier dazu auch, welche Rolle genau die Kindheit als Ursache für Choleriker spiel.
Wenn Sie regelmäßig die Wutausbrüche eines nahestehenden Mannes miterleben und sich um ihn sorgen, könnten die folgenden Tipps hilfreich sein:
Lassen Sie sich nicht von der Wut des anderen mitreißen. Vermeiden Sie Anschuldigungen oder Provokationen. Sprechen Sie ruhig und weigern Sie sich, sich auf ein Streitgespräch einzulassen.
Schaffen Sie etwas physischen Abstand zwischen Ihnen und der wütenden Person, um sich sicher zu fühlen. Ihre eigene Sicherheit sollte an erster Stelle stehen.
Manchmal wollen Menschen einfach nur, dass ihre Gefühle anerkannt werden. Hören Sie zu, was der Mann zu sagen hat, ohne sofort zu urteilen oder Ratschläge zu geben.
Es ist auch wichtig, klare Grenzen zu setzen. Teilen Sie beispielsweise mit, dass Sie bereit sind miteinander zu sprechen, jedoch nur, wenn nicht geschrien wird.
Wenn unkontrollierte Wutausbrüche häufig auftreten, insbesondere in einer Beziehung, ist es vielleicht an der Zeit, die Beziehung zu reflektieren. Hierzu sollten Sie sich gegebenenfalls über Jähzorn in der Beziehung, oder die Trennung von einem Choleriker informieren.
Wenn Wutausbrüche gewalttätig werden, sollten Sie handeln. In einer Beziehung mit einem Choleriker als Partner kann es Ihnen helfen, Unterstützung von Freunden oder Familie zu suchen. Auch professionelle Hilfe kann eine geeignete Unterstützung sein.
Wichtig!
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass niemand das Recht hat, Ihnen gegenüber gewalttätig oder respektlos zu sein, egal wie wütend er ist. Schützen Sie sich selbst und suchen Sie gegebenenfalls Hilfe!
Erfahren Sie mehr über Wutausbrüche im Wut-Coaches-Podcast!
Als Mann, der mit Wutausbrüchen kämpft, ist es wichtig, Schritte zu unternehmen, um das eigene Verhalten zu verbessern und die Beziehungen zu schützen. In diesem Abschnitt finden Sie einige wirksame Schritte, um Wutausbrüche zu bewältigen:
Falls Sie selbst bemerken, dass Ihre Wutausbrüche sich verschlimmern, erkennen Sie, dass Sie ein Problem haben (Blacker et al., 2008). Seien Sie bereit, daran zu arbeiten und reflektieren Sie, welche Situationen Ihre Wut verschlimmern. Erst wenn Sie Ihr Verhalten erkannt haben, können Sie es auch ändern.
Üben Sie, Ihre Gefühle und Bedürfnisse auf eine ruhige und respektvolle Weise auszudrücken, ohne in Wut zu verfallen. Sprechen Sie dazu offen und ehrlich mit Ihren Liebsten über Ihre Wut.
Erwägen Sie eine Wut Therapie. Manchmal kann professionelle Hilfe entscheidend sein, um langfristige Veränderungen zu erreichen. Dazu sollten Sie mit einem Arzt sprechen. Dieser kann eine Therapie anordnen und dann können die Kosten von Ihrer Krankenkasse übernommen werden.
Ein Anti-Aggressionstraining kann Ihnen dabei helfen, Wut und Aggression loszuwerden. Teilnehmer dieser Trainings erlernen handfeste Strategien, um besser mit hitzigen Situationen umzugehen. Allerdings sollten Sie berücksichtigen, dass diese Trainings hauptsächlich zur Gewaltprävention für auffällige Straftäter angewandt werden (Weidner, 2001).
Es gibt auch Hausmittel gegen Aggressionen, wie beispielsweise Entspannungstechniken (Dua & Swinden, 1992; Fix & Fix, 2013; Perciavalle et al, 2017) oder Zeit in der Natur zu verbringen. Diese sollen einigen Menschen dabei helfen, ihre Anspannung loszuwerden und gelassener durch den Alltag zu gehen.
Wichtig
Denken Sie daran, dass Veränderung Zeit braucht und es wichtig ist, sich selbst nicht zu hart zu beurteilen. Setzen Sie realistische Ziele und suchen Sie Unterstützung von Freunden, Familie oder gegebenenfalls von Fachleuten.
Mehr zum Thema Wutausbrüche erfahren Sie im Wut-Coaches-Podcast!
Archer, J. (1991). The influence of testosterone on human aggression. British journal of psychology, 82(1), 1-28. https://doi.org/10.1111/j.2044-8295.1991.tb02379.x
Barker, E. D., Tremblay, R. E., Nagin, D. S., Vitaro, F., & Lacourse, E. (2006). Development of male proactive and reactive physical aggression during adolescence. Journal of child psychology and psychiatry, 47(8), 783-790. https://doi.org/10.1111/j.1469-7610.2005.01585.x
Bevilacqua, L., Doly, S., Kaprio, J., Yuan, Q., Tikkanen, R., Paunio, T., Zhou, Z., Wedenoja, J., Maroteaux, L., Diaz, S., Belmer, A., Hodgkinson, C. A., Dell’Osso, L., Suvisaari, J., Coccaro, E., Rose, R. J., Peltonen, L., Virkkunen, M., & Goldman, D. (2010). A population-specific HTR2B stop codon predisposes to severe impulsivity. Nature, 468(7327), 1061-1066. https://doi.org/10.1038/nature09629
Blacker, J., Watson, A., & Beech, A. R. (2008). A combined drama‐based and CBT approach to working with self‐reported anger aggression. Criminal Behaviour and Mental Health, 18(2), 129-137. https://doi.org/10.1002/cbm.686
Carlson, G. A., Singh, M. K., Amaya-Jackson, L., Benton, T. D., Althoff, R. R., Bellonci, C., Bostic, J. Q., Chua, J. D., Findling, R. L., Galanter, C. A., Gerson, R. S., Sorter, M. T., Stringaris, A., Waxmonsky, J. G., McClellan, J. M., & McClellan, J. M. (2023). Narrative review: impairing emotional outbursts: what they are and what we should do about them. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 62(2), 135-150. https://doi.org/10.1016/j.jaac.2022.03.014
Dua, J. K., & Swinden, M. L. (1992). Effectiveness of negative-thought-reduction, meditation, and placebo training treatment in reducing anger. Scandinavian Journal of
Psychology, 33, 135-146. https://doi.org/10.1111/j.1467-9450.1992.tb00893.x
Dutton, D. G., & Karakanta, C. (2013). Depression as a risk marker for aggression: A critical review. Aggression and Violent Behavior, 18(2), 310-319. https://doi.org/10.1016/j.avb.2012.12.002
Eagly, A. H., & Steffen, V. J. (1986). Gender and aggressive behavior: A meta-analytic review of the social psychological literature. Psychological Bulletin, 100(3), 309–330. https://doi.org/10.1037/0033-2909.100.3.309
Estévez, E., Povedano, A., Jiménez, T. I., & Musitu, G. (2014). Aggression in adolescence: A gender perspective. In A. M. Columbus (Ed.), Advances in psychology research (pp. 71–91). Nova Science Publishers.
Fix, R. L., & Fix, S. T. (2013). The effects of mindfulness-based treatments for aggression: A critical review. Aggression and Violent Behavior, 18(2), 219-227. https://doi.org/10.1016/j.avb.2012.11.009
Mazur, A., & Booth, A. (1998). Testosterone and dominance in men. Behavioral and brain sciences, 21(3), 353-363. https://doi.org/10.1017/S0140525X98001228
Montoya, E. R., Terburg, D., Bos, P. A., & van Honk, J. (2012). Testosterone, cortisol, and serotonin as key regulators of social aggression: A review and theoretical perspective. Motivation and emotion, 36(1), 65–73. https://doi.org/10.1007/s11031-011-9264-3
Murray-Close, D., Ostrov, J. M., Nelson, D. A., Crick, N. R., & Coccaro, E. F. (2010). Proactive, reactive, and romantic relational aggression in adulthood: Measurement, predictive validity, gender differences, and association with intermittent explosive disorder. Journal of Psychiatric Research, 44(6), 393-404. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2009.09.005
Perciavalle, V., Blandini, M., Fecarotta, P., Buscemi, A., Di Corrado, D., Bertolo, L., Fichera, F., & Coco, M. (2017). The role of deep breathing on stress. Neurological Sciences, 38(3), 451-458. https://doi.org/10.1007/s10072-016-2790-8
Terburg, D., Morgan, B., & van Honk, J. (2009). The testosterone–cortisol ratio: A hormonal marker for proneness to social aggression. International journal of law and psychiatry, 32(4), 216-223. https://doi.org/10.1016/j.ijlp.2009.04.008
van Honk, J., Schutter, D. J., Bos, P. A., Kruijt, A. W., Lentjes, E. G., & Baron-Cohen, S. (2011). Testosterone administration impairs cognitive empathy in women depending on second-to-fourth digit ratio. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 108(8), 3448–3452. https://doi.org/10.1073/pnas.1011891108
Weidner, J. (2001) AAT Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter: ein deliktspezifisches Behandlungsangebot im Jugendvollzug (5., akt. Aufl.) Forum-Verl.Godesberg: Mönchengladbach.
Wright, N. D., Bahrami, B., Johnson, E., Di Malta, G., Rees, G., Frith, C. D., & Dolan, R. J. (2012). Testosterone disrupts human collaboration by increasing egocentric choices. Proceedings. Biological sciences, 279(1736), 2275–2280. https://doi.org/10.1098/rspb.2011.2523
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.