Narzisstische Menschen können schnell wütend werden. Wir zeigen, wie sich diese Wut ausdrückt und wie gefährlich sie sein kann
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Wir beginnen mit einem kleinen Ausflug in die griechische Mythologie. Es ist die Geschichte von Narziss. Er war ein schöner Jüngling. Viele begehrten ihn, aber er wies die Liebe der anderen zurück. Doch eines Tages sah er sein Spiegelbild im Wasser und verliebte sich in sein eigenes Abbild. Doch diese Liebe war unerreichbar und so starb Narziss schließlich an seiner unerfüllten Liebe. Diese Geschichte legte nicht nur den Grundstein für den Begriff "Narzissmus". Sie gibt auch einen tiefen Einblick in die menschliche Psyche und die zerstörerischen Folgen von Selbstverliebtheit und Egozentrik.
Narzissmus wird in der modernen Psychologie häufig als Persönlichkeitsstörung verstanden. Sie ist gekennzeichnet durch ein übersteigertes Selbstwertgefühl, einen Mangel an Empathie und ein tiefes Bedürfnis nach Bewunderung (Sachse, 2019). Eine besonders herausfordernde Facette dieser Störung ist die sogenannte "narzisstische Wut". Das fragmentierte Selbst ist leicht verletzbar (Pawlowsky, 2000). Auf Verletzungen können heftige Reaktionen wie Wutausbrüche folgen (Milch, 2009). Dabei handelt es sich um Wutausbrüche bei psychischen Störungen. Solche Ausbrüche können auf psychische Störungen wie die narzisstische Persönlichkeitsstörung hinweisen. Ähnliches gilt für andere Persönlichkeitsstörungen, die mit aggressivem Verhalten einhergehen können. Bei der antisozialen Persönlichkeitsstörung beispielsweise ist Aggression oft ein zentraler Aspekt, und die Betroffenen neigen zu impulsiven, oft gewalttätigen Handlungen (Swann et al., 2009; WHO, 1993). Auch Menschen mit einer bipolaren Störung können während manischer Episoden impulsiv und aggressiv handeln (Najt et al., 2007). Ebenso ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung durch impulsives Verhalten gekennzeichnet (APA, 2013). Dabei kann es zu unvorhersehbaren Aggressionen kommen.
In diesem Artikel wollen wir uns jedoch mit Aggression im Zusammenhang mit Narzissmus beschäftigen. Deshalb werden wir uns zunächst damit beschäftigen, was Narzissten wütend macht.
Narzissten halten sich tendenziell für besser als andere (Campbell et al., 2002). Nach negativen Ereignissen sieht die Situation jedoch anders aus. Es kann zu einem starken Abfall des Selbstwertgefühls kommen. Dies kann z.B. geschehen, wenn Erfolgserlebnisse ausbleiben oder sich Narzissten sozial ausgeschlossen fühlen (Rhodewalt et al., 1998). Insbesondere Ereignisse, bei denen sich ein Narzisst beschämt fühlt, können zu erhöhter Aggressivität führen (Bushman & Baumeister, 1998). So kann es bei einer Trennung zu narzisstischer Wut kommen. Die Trennung wird dann vom Narzissten als Abwertung empfunden und als beschämend erlebt. Es kann zu extremer Wut auf den Partner kommen.
Narzissten haben Schwierigkeiten mit der Emotionsregulation. Gerade bei sozialen Konflikten (wie es eine Trennung ist) kann es bei Narzissten zu einer emotionalen Dysregulation kommen (Cheshure et al., 2020). Dies hängt jedoch auch von der Art des Narzissmus ab. So werden erfolgreiche, gescheiterte und erfolglose Narzissten unterschieden (Sachse et al., 2011). Erfolgreiche Narzissten sind stark leistungsorientiert. Dadurch sind sie auch beruflich meist sehr erfolgreich (Sachse, 2014). Speziell die führungsorientierten Facetten des Narzissmus sind negativ mit emotionaler Dysregulation assoziiert (Zeigler-Hill & Vonk, 2015). Wenn es aber bei Narzissten zu emotionaler Dysregulation kommt, kann sich diese in narzisstischer Wut äußern. Wie sich diese äußern kann, wird im nächsten Abschnitt beschrieben.
Wenn Narzissten wütend werden, kann sich das auf unterschiedliche Weise zeigen. Zunächst wollen wir Ihnen ein paar Merkmale nennen, welche Wut-Charakteristika ein Narzisst aufweist (in Anlehnung an Sachse, 2019):
Kjærvik und Bushman (2021) haben in einer Meta-Analyse den Zusammenhang zwischen Narzissmus und Aggression genau angeschaut. Es konnte sich zeigen, dass Narzissmus mit allen Formen von Aggression einhergehen kann:
Im Rahmen der narzisstischen Wut kann es also zu narzisstischen Wutausbrüchen kommen. Hier sind wir im Bereich der Aggressionsprobleme. Diese Wut und Aggression kann Folgen haben, die wir uns als Nächstes anschauen.
Die Folgen narzisstischer Wut können sowohl für die Betroffenen als auch für ihr Umfeld schwerwiegend sein. Für die Betroffenen selbst kann die ständige Neigung zu extremen Wutausbrüchen zu sozialer Isolation führen (Kealy et al., 2022). Freunde, Familienmitglieder und Kollegen können Schwierigkeiten haben, mit unvorhersehbaren und oft unangemessenen Reaktionen umzugehen (Day et al., 2020). Dies kann zu einem Teufelskreis führen, der aus Ablehnung und noch mehr Wut besteht. Eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit kann die Folge sein. Darüber hinaus können narzisstische Wutausbrüche in beruflichen und persönlichen Beziehungen zu schweren Konflikten, Vertrauensverlust und sogar rechtlichen Konsequenzen führen. Primär dann, wenn die Wut in körperliche oder verbale Aggression umschlägt. Für das Umfeld, insbesondere für enge Bezugspersonen, kann der Umgang mit einem narzisstisch wütenden Menschen emotional belastend sein. Im Extremfall kann dies zu einem Umfeld ständiger Unsicherheit und Angst führen. Das allgemeine Wohlbefinden aller Beteiligten ist dann stark beeinträchtigt. Aber was kann man tun, wenn jemand in seinem Umfeld oder man selbst von narzisstischer Wut betroffen ist? Damit wollen wir uns im nächsten Abschnitt beschäftigen.
Der erste Schritt im Umgang mit der eigenen narzisstischen Wut ist das Erkennen des Problems. Selbstreflexion und das Eingeständnis, dass diese Wutausbrüche schädlich sind, sind unerlässlich. Hinterfragen Sie sich kritisch in Ihren Beziehungen (Dimaggio, 2022). Ganz wichtig: Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist eine Erkrankung, die psychotherapeutisch behandelt werden kann.
Eine professionelle Therapie kann helfen, die zugrunde liegenden Ursachen der Wut zu erkennen. In Deutschland gibt es vier anerkannte psychotherapeutische Verfahren: die kognitive Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die Psychoanalyse und die systemische Psychotherapie. Durch therapeutische Unterstützung kann man lernen, seine Emotionen zu kontrollieren und besser zu regulieren und konstruktiv mit Kritik umzugehen.
Für Angehörige ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen und sich selbst zu schützen. Das bedeutet, sich nicht in Wutausbrüche hineinziehen zu lassen und klare Konsequenzen aufzuzeigen, wenn diese Grenzen überschritten werden. Es kann hilfreich sein, sich von einem Therapeuten beraten zu lassen, wie diese Grenzen effektiv kommuniziert und aufrechterhalten werden können, um selbst keinen emotionalen Schaden zu nehmen.
So wichtig es ist, Grenzen zu setzen, so wichtig ist es auch, Unterstützung und Verständnis anzubieten. Angehörige sollten versuchen, das Verhalten der betroffenen Person zu verstehen. Sie sollten die betroffene Person auch ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine offene und einfühlsame Kommunikation kann dazu beitragen, dass sich die betroffene Person weniger angegriffen fühlt und eher bereit ist, an sich zu arbeiten. Darüber hinaus kann die Teilnahme an Selbsthilfegruppen für Angehörige hilfreich sein, um Unterstützung und Strategien im Umgang mit narzisstischer Wut zu finden.
Narzisstische Menschen neigen zu heftigen Wutausbrüchen, die durch Kritik oder Zurückweisung ausgelöst werden können. Diese Wut, auch narzisstische Wut genannt, kann sich in direkter oder indirekter Aggression äußern. Sie hat oft schwerwiegende Folgen für die Betroffenen und ihr Umfeld. Die Betroffenen erleben soziale Isolation und schwere Beziehungskonflikte, während die Angehörigen emotional stark belastet werden können. Wichtig ist es, den richtigen Umgang mit narzisstischer Wut zu finden.
American Psychiatric Association, American Psychiatric Association, DSM-5 Task Force. Diagnostic and statistical manual of mental disorders: DSM-5. American Psychiatric Association, 2013.
Bushman, B. J., & Baumeister, R. F. (1998). Threatened egotism, narcissism, self-esteem, and direct and displaced aggression: Does self-love or self-hate lead to violence? Journal of Personality and Social Psychology, 75(1), 219–229. https://doi.org/10.1037/0022-3514.75.1.219.
Campbell, W. K., Rudich, E. A., & Sedikides, C. (2002). Narcissism, self-esteem, and the positivity of self-views: Two portraits of self-love. Personality and Social Psychology Bulletin, 28(3), 358-368. https://doi.org/10.1177/0146167202286007.
Cheshure, A., Zeigler-Hill, V., Sauls, D., Vrabel, J. K., & Lehtman, M. J. (2020). Narcissism and emotion dysregulation: Narcissistic admiration and narcissistic rivalry have divergent associations with emotion regulation difficulties. Personality and Individual Differences, 154, 109679. https://doi.org/10.1016/j.paid.2019.109679.
Day, N. J., Bourke, M. E., Townsend, M. L., & Grenyer, B. F. (2020). Pathological narcissism: A study of burden on partners and family. Journal of personality disorders, 34(6), 799-813. https://doi.org/10.1521/pedi_2019_33_413.
Dimaggio, G. (2022). Treatment principles for pathological narcissism and narcissistic personality disorder. Journal of Psychotherapy Integration, 32(4), 408–425. https://doi.org/10.1037/int0000263.
Hopwood, C. J., Morey, L. C., Markowitz, J. C., Pinto, A., Skodol, A. E., Gunderson, J. G., ... & Sanislow, C. A. (2009). The construct validity of passive-aggressive personality disorder. Psychiatry: Interpersonal and Biological Processes, 72(3), 256-267. https://doi.org/10.1521/psyc.2009.72.3.256.
Kealy, D., Woolgar, S., Hewitt, J.M.A. et al. When narcissism gets lonely: Loneliness moderates the association between pathological narcissism and interpersonal problems, and the link to psychological distress. Curr Psychol 42, 17110–17119 (2023). https://doi.org/10.1007/s12144-022-02976-5.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.