Was versteht man unter Emotionsregulation und warum sollte man Emotionen regulieren? Erfahren Sie es hier. Außerdem geben wir einen Überblick über die besten Strategien & Übungen.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Bevor wir Ihnen gleich zeigen, wie Sie Ihre Emotionen regulieren können, möchten wir Ihnen zunächst das folgende Beispiel zeigen. Dieses Beispiel verdeutlicht allerdings, wie Emotionsregulation nicht ablaufen sollte. Es handelt sich um den Protagonisten Patrick Bateman aus dem Film "American Psycho". Er hat ein extrem gestörtes Verhältnis zu seinen eigenen Emotionen und zur Emotionsregulation, was man an seiner Oberflächlichkeit und Gefühllosigkeit erkennt. Ihn treiben innere Konflikte an, doch anstatt diese aufzuarbeiten, dient ihm Gewalt als Ventil. Er ist impulsiv, anstatt auf gesunde Weise Wut abzubauen oder Wut zu kontrollieren. Trotz seiner äußeren Selbstsicherheit und Arroganz leidet er unter tiefen Selbstzweifeln und Unsicherheiten. Ihm fehlen sinnvolle Ansätze, um seine Emotionen zu kontrollieren. Dieses Beispiel ist natürlich fiktiv, enthält aber dennoch sinnvolle Ansatzpunkte, wie sie nicht mit ihren Emotionen umgehen sollten.
Neben Hollywood beschäftigt sich natürlich auch die Wissenschaft mit dem Thema der Emotionsregulation. Hier hat sich gezeigt, dass Schwierigkeiten mit der Emotionsregulation zwar nicht mit der Impulskontrollstörung, aber häufig mit impulsivem Verhalten einhergehen (Schreiber et al., 2012). Doch was versteht man eigentlich genau unter Emotionsregulation?
Emotionsregulation ist der Mechanismus, durch den Menschen ihre Emotionen verändern, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen (Aldao et al., 2009). Es wird versucht, angemessen auf die Anforderungen der Umwelt zu reagieren (Campbell-Sills & Barlow, 2007). Dabei wird der Versuch unternommen, das Ausmaß und die Art der emotionalen Erfahrung oder des Emotionen auslösenden Ereignisses zu verändern (Diamond & Aspinwall, 2003). Dies kann absichtlich oder unabsichtlich geschehen (Aldao et al., 2009). Können Emotionen nicht reguliert werden, spricht man auch von so einer sogenannten emotionalen Dysregulation.
Die Emotionsregulation unterscheidet sich von anderen Formen der Affektregulationen. Hier ist das entscheidende Merkmal, dass ein bestimmtes Ziel aktiviert wird, wodurch der Verlauf der Emotion beeinflusst wird (Gross et al., 2011). Dabei kann zwischen den folgenden Zielen der Emotionsregulation differenziert werden (Gross, 2014; 2015): der Verringerung von Emotionen und der Verstärkung von Emotionen. Außerdem wird unterschieden, ob negative oder positive Emotionen reguliert werden. Ein Beispiel für die Reduktion einer negativen Emotion könnte beispielsweise sein, dass eine Person sich versucht zu beruhigen, wenn sie wütend ist. Eine Verstärkung negativer Emotionen wäre hingegen, wenn ein kleiner Streit in der Beziehung als ernster Konflikt bewertet wird.
Damit sind Handlungen gemeint, die es wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen, dass man sich in einer Situation befindet, von der man erwartet, dass sie erwünschte oder unerwünschte Emotionen auslöst (Gross, 2015). Was bedeutet das konkret? Wenn man sich zum Kinobesuch verabredet, möchte man vielleicht Freude erleben. Oder wenn man sich bewusst nicht in der Kaffeeküche des Büros, sondern im Café um die Ecke einen Kaffee holt, dann möchte man vielleicht vermeiden, einem unangenehmen Kollegen zu begegnen.
Mithilfe dieser Strategie wird die Aufmerksamkeit gesteuert, mit dem Ziel, die eigene emotionale Reaktion zu beeinflussen. Eine häufige Form ist hier die Ablenkung. Hier kann beispielsweise die Aufmerksamkeit in einer bestimmten Situation von einem emotionsauslösenden auf einen neutralen Reiz gelenkt werden (Gross, 2015).
Die Emotionskontrolle befasst sich mit den neuronalen Mechanismen der Emotionsregulation (Ochsner & Gross, 2005). Hierzu können kognitive Veränderungen gezählt werden. Sie beziehen sich im Sinne der Emotionsregulation auf die Veränderung der eigenen Bewertung einer Situation. Ziel ist es, dadurch die emotionalen Auswirkungen der Situation zu verändern (Gross, 2015). Zum Beispiel: “Mein Herzklopfen ist kein Zeichen von Angst. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich mein Körper auf die Rede vorbereitet.”
Dieser Punkt bezieht sich auf die direkte Beeinflussung des Erlebens, des Verhaltens oder der körperlichen Komponenten der emotionalen Reaktion (Gross, 2015). Dazu gehören beispielsweise körperliche Bewegung und tiefes Atmen, um die körperliche Reaktion zu verändern (Thayer & Lane, 2000).
Unterschiedliche Formen der Emotionsregulation gehen mit unterschiedlichen Konsequenzen einher (Gross, 2015). Deshalb möchten wir Ihnen hier Übungen vorstellen, die darauf abzielen, die Emotionsregulation in eine hilfreiche Richtung zu lenken:
Ihre Einstellung hat einen starken Einfluss auf Ihre Emotionen. Deshalb kann es hilfreich sein, die Einstellung zu bestimmten Themen zu überdenken. Versuchen Sie von Dingen, die Sie emotional belasten, Abstand zu nehmen und zu sehen, ob es auch andere Sichtweisen gibt. Eine Studie hat gezeigt, dass die Einstellung zu Stress einen starken Einfluss darauf hat, wie man auf Stress reagiert (Crum et al., 2013). Diese Übung zielt auf die kognitive Veränderung ab, da eine emotionsauslösende Situation durch die Neubewertung auch mit einer veränderten emotionalen Reaktion einhergehen kann.
Diese Übung konzentriert sich auf die Veränderung der Qualität und Quantität der emotionalen Reaktion. Hier wird ein fünfstufiger Plan angewendet, der auf dem allgemeinen Problemlösungsmodell basiert. Dieser beinhaltet (Berking et al., 2008):
Bei dieser Übung geht es darum, in fünf Schritten Akzeptanz und Toleranz in Bezug auf die Emotionsregulation zu erlernen. Diese fünf Schritte sind (Berking et al., 2008):
Eine Studie hat gezeigt, dass das Training des Arbeitsgedächtnisses mit Vorteilen bei der Emotionsregulation einhergehen kann. Dabei wurde eine höhere Aktivität in Hirnbereichen gemessen, die an der affektiven Kontrolle beteiligt sind, wie im fronto-parietalen Netzwerk und dem anterioren cingulärem Cortex (Schweizer et al., 2013). Doch wie kann das Arbeitsgedächtnis trainiert werden?
Hier kann das Dual N Back Training eingesetzt werden. Es handelt sich um ein mentales Training, bei dem Reize präsentiert und auf Übereinstimmung überprüft werden.
Um körperliche Anspannung abzubauen, kann die Progressive Muskelentspannung eingesetzt werden. Dabei werden bestimmte Muskelgruppen abwechselnd bewusst angespannt und wieder entspannt. Mit dieser Übung kann Entspannung regelrecht erlernt werden (McCallie et al., 2006). Diese Technik erfordert jedoch Übung.
In mehreren Studien konnte der psychologische Nutzen von Achtsamkeitsübungen auf die Emotionsregulation nachgewiesen werden (Teper et al., 2013). Dabei wird durch Achtsamkeitsübungen gelernt, affektive Zustände zu akzeptieren und das Grübeln über die eigenen Emotionen zu reduzieren (Brown et al., 2013). Zu den Achtsamkeitsübungen zählen beispielsweise der Body Scan, Atemmeditationen und informelle Übungen.
Jeder Mensch ist mit Anforderungen aus der Umwelt konfrontiert. Darauf wird mit bestimmten Emotionen reagiert. Dabei erfolgt die Emotionsregulation immer mit einem bestimmten Ziel, wobei dieses Ziel nicht immer bewusst sein muss. Es gibt jedoch Emotionsregulationsstrategien, die mit negativen Konsequenzen verbunden sind. Daher ist es sinnvoll, geeignete Strategien zur Emotionsregulation zu entwickeln. Dazu können Übungen hilfreich sein, die zur Neubewertung, Modifikation und Akzeptanz der eigenen Emotionen führen. Aber auch Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen haben in Studien einen positiven Effekt gezeigt.
Aldao, A., Nolen-Hoeksema, S., & Schweizer, S. (2010). Emotion-regulation strategies across psychopathology: A meta-analytic review. Clinical psychology review, 30(2), 217-237. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2009.11.004.
Berking, M., Wupperman, P., Reichardt, A., Pejic, T., Dippel, A., & Znoj, H. (2008). Emotion-regulation skills as a treatment target in psychotherapy. Behaviour research and therapy, 46(11), 1230-1237. https://doi.org/10.1016/j.brat.2008.08.005.
Brown, K. W., Goodman, R. J., & Inzlicht, M. (2013). Dispositional mindfulness and the attenuation of neural responses to emotional stimuli. Social cognitive and affective neuroscience, 8(1), 93–99. https://doi.org/10.1093/scan/nss004.
Campbell-Sills, L., & Barlow, D. H. (2007). Incorporating Emotion Regulation into Conceptualizations and Treatments of Anxiety and Mood Disorders. In J. J. Gross (Ed.), Handbook of emotion regulation (pp. 542–559). The Guilford Press.
Crum, A. J., Salovey, P., & Achor, S. (2013). Rethinking stress: the role of mindsets in determining the stress response. Journal of personality and social psychology, 104(4), 716–733. https://doi.org/10.1037/a0031201.
Diamond, L. M., & Aspinwall, L. G. (2003). Emotion regulation across the life span: An integrative perspective emphasizing self-regulation, positive affect, and dyadic processes. Motivation and Emotion, 27, 125-156. https://doi.org/10.1023/A:1024521920068.
Gross, J. J. (2014). Emotion regulation: Conceptual and empirical foundations. In J. J. Gross (Ed.), Handbook of emotion regulation (2nd ed., pp. 3–20). New York, NY: Guilford.
Gross, J. J. (2015). Emotion regulation: Current status and future prospects. Psychological inquiry, 26(1), 1-26. https://doi.org/10.1080/1047840X.2014.940781.
Gross, J. J., Sheppes, G., & Urry, H. L. (2011). Emotion generation and emotion regulation: A distinction we should make (carefully). Cognition and emotion, 25(5), 765-781. doi: 10.1080/02699931.2011.555753.
Kleinginna Jr, P. R., & Kleinginna, A. M. (1981). A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. Motivation and emotion, 5(4), 345-379. https://doi.org/10.1007/BF00992553.
McCallie, M. S., Blum, C. M., & Hood, C. J. (2006). Progressive muscle relaxation. Journal of human behavior in the social environment, 13(3), 51-66. https://doi.org/10.1300/J137v13n03_04.
Ochsner, K. N., & Gross, J. J. (2005). The cognitive control of emotion. Trends in cognitive sciences, 9(5), 242-249. https://doi.org/10.1016/j.tics.2005.03.010.
Schreiber, L. R., Grant, J. E., & Odlaug, B. L. (2012). Emotion regulation and impulsivity in young adults. Journal of psychiatric research, 46(5), 651-658. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2012.02.005.
Teper, R., Segal, Z. V., & Inzlicht, M. (2013). Inside the mindful mind: How mindfulness enhances emotion regulation through improvements in executive control. Current Directions in Psychological Science, 22(6), 449-454. https://doi.org/10.1177/0963721413495869.
Thayer, J. F., & Lane, R. D. (2000). A model of neurovisceral integration in emotion regulation and dysregulation. Journal of affective disorders, 61(3), 201–216. https://doi.org/10.1016/s0165-0327(00)00338-4.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.