Erfahren Sie hier, wie Sie im Anti-Gewalt-Training Ihre Wut und Aggressivität in den Griff bekommen. Mehr zu Inhalt, Übungen & Alternativen.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer stressigen Situation. Ihr Puls steigt. Ihre Hände schwitzen und Sie verspüren den Drang danach, etwas zu werfen oder laut zu schreien. Kennen Sie das Gefühl, dass Sie vor Wut oder Aggression würde jeden Moment explodieren? Vielleicht fragen Sie sich: „Warum werde ich so schnell aggressiv?”. Damit sind Sie sicherlich nicht alleine. Viele Menschen fühlen sich manchmal, als würden ihre Gefühle mit Ihnen durchgehen. Manchmal können diese Momente in Gewalt enden. Glücklicherweise gibt es Maßnahmen, wie Anti-Gewalt-Trainings (Fröhlich-Gildhoff, 2006). Sie können einigen Personen dabei helfen, besser mit Wut und Aggression umzugehen (Bliesener, 2010). Doch Moment mal … was genau ist der Unterschied zwischen Wut und Aggression? – Wut ist ein Gefühl, das jeder von Zeit zu Zeit erlebt. Aggression hingegen ist ein Verhalten (Averill, 1983). Häufig tritt es auf, wenn Sie das Gefühl der Wut nicht kontrollieren können (Novaco, 1976). Das Schöne daran ist: Verhaltensweisen können Sie ändern (sehen Sie beispielsweise hier, wie Sie Ihre Impulsivität kontrollieren können). Aber wie kann das gelingen? In diesem Artikel finden Sie heraus, was genau Anti-Gewalt-Trainings sind. Darüber hinaus erfahren Sie, welche anderen Methoden es gibt, um Wut und Aggression zu bewältigen.
Obwohl die Namen ähnlich klingen, gibt es tatsächlich wichtige Unterschiede. – Das AGT konzentriert sich hauptsächlich darauf, physische Gewalt zu verhindern. Straf- und Gewalttäter sollen dabei lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen (Schanzenbächer, 2003). Hierbei geht es hauptsächlich darum, zukünftigen Gewalt- und Straftaten vorzubeugen. Auch an Schulen werden oftmals Anti-Gewalt-Trainings durchgeführt. Allerdings ist bei Jugendlichen das Coolness-Training verbreiteter (Bliesener, 2010).
Das AAT hingegen geht einen Schritt weiter. – Es berücksichtigt nicht nur körperliche, sondern auch verbale und emotionale Aggressionen. Hier wird nicht nur das Thema Gewalt, sondern auch Verhaltensweisen wie Wutausbrüche und passive Aggressivität behandelt.
Zudem ist der Begriff Anti-Aggressivitäts-Training urheberrechtlich geschützt und normiert. Das heißt, diese Form des Trainings dürfen nur zertifizierte Trainer durchführen.
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Beim Anti-Gewalt-Training kann das Ziel von Person zu Person unterschiedlich sein. Trotzdem gibt es einige allgemeine Ziele, die für viele Teilnehmer erstrebenswert sind (Bliesener, 2010):
Wichtig:
Bei einem Anti-Gewalt-Training geht es nicht darum, Ihre Emotionen zu unterdrücken. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen gesunder Wege, um mit negativen Emotionen umzugehen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihre Wut kontrollieren, statt von ihr kontrolliert zu werden. Wie könnte das Ihr Leben verändern?
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Die Übungen in einem Anti-Gewalt-Training sind meistens sehr praxisnah. Sie helfen den Teilnehmern, ihre Wut und Aggression in den Griff zu bekommen. Folgende Beispiele zeigen, welche Techniken in den Trainings angewandt werden:
Stress abbauen und bewältigen. Darum geht es in diesem Bereich des Anti-Gewalt-Trainings. Hierbei kann beispielsweise eine kurze Pause zum Nachdenken oder tiefes Ein- und Ausatmen helfen. Dadurch können Sie in Stresssituationen einen kühlen Kopf bewahren.
– Empathischer werden – Bei diesen Übungen geht es darum, sich in die Perspektive einer anderen Person hineinzuversetzen (Lüter, 2015). Beispielsweise in einer Konfliktsituation. Damit stärken Sie Ihr Verständnis für andere und gleichzeitig lernen Sie, Ihre eigene Reaktion zu hinterfragen.
Diese Methode hilft, kritische Situationen nachzustellen und das eigene Verhalten zu reflektieren (Fröhlich-Gildhoff, 2006). Es ermöglicht Ihnen, neue Reaktionsweisen zu üben und zu sehen, wie diese sich in Konflikten auswirken.
“Halten Sie sich doch einmal den Spiegel vor.” – Durch gezielte Fragen und Aufgaben lernen Sie, Ihre Gefühle und Ihr Verhalten besser zu verstehen (Egger, 2008). Das hilft Ihnen, Ihre Auslöser für Wut und Aggression zu erkennen und neue Wege im Umgang mit ihnen zu finden.
Gewaltfreie Konfliktlösung. Ein Wort, das Ihnen vielleicht bekannt ist. In diesem Teil des Trainings erlernen Sie verschiedene Methoden, um Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Dazu gehören beispielsweise aktives Zuhören, sachliches Argumentieren und das Formulieren der eigenen Wünsche gegenüber anderen.
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Wie viel kostet ein Anti-Gewalt-Training? Die Kosten für ein Anti-Gewalt-Training können je nach Anbieter, Programm und Dauer variieren. Im Preis sind in der Regel die Trainervergütung und die Kosten für Materialien inbegriffen. Manche Anbieter bieten nach dem eigentlichen Training zusätzliche Beratung oder Nachsorge an. Dies kann Ihnen helfen, das Gelernte im Alltag zu festigen und zu vertiefen. Hierdurch können aber weitere Kosten anfallen.
Hier wird es spannend! Viele Betroffene sind sich nicht sicher, ob ein Anti-Gewalt-Training das Richtige für sie ist. Hier ist auch zu beachten, dass es aktuell keine einheitlichen Ergebnisse der Evaluationsstudien zu solchen Trainings gibt (Bliesener, 2010). So konnte in einer Studie mit Straftätern kein Nachweis der Wirksamkeit des Trainings erbracht werden (Ohlemacher et al., 2001). – Wenn sie denken, dass Anti-Gewalt-Trainings nicht das richtige für sie sind, keine Sorge! – Es gibt viele weitere hilfreiche Ansätze. Hier finden Sie einige Wege, die Ihnen dabei helfen könnten, mehr Ruhe und Gelassenheit in Ihr Leben zu bringen.
Wären Sie weniger aggressiv, wenn Sie nicht so viel Stress hätten? – Ja? – Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass das Stresshormon Cortisol zu einer erhöhten Reizbarkeit führen kann (Gerra et al., 1996). Diese kann sich wiederum in aggressivem Verhalten äußern. – Um Stress loszuwerden, können Ihnen gesunde Gewohnheiten wie Sport und guter Schlaf helfen (Fernández-Mendoza et al., 2009). Auch private Konflikte oder Überforderung am Arbeitsplatz können einen erhöhten Stresspegel zufolge haben. Daher ist es ratsam, auch an diesen Faktoren zu arbeiten und ein harmonisches Umfeld zu schaffen.
Ein weiterer Begriff, der Ihnen wahrscheinlich nicht neu sein wird: Anti-Aggressionstraining. Diese Art des Trainings kann Ihnen Strategien näherbringen, um Aggressionen auf gesunde Weise zu bewältigen. Durch Rollenspiele oder andere Übungen lernen Sie Ihre eigenen wunden Punkte kennen. So können Sie einschätzen, welche Situationen brenzlich werden könnten und diesen aus dem Weg gehen. Eines sollten Sie jedoch beachten. – Auch das Anti-Aggressionstraining wird meistens als Maßnahme für Straftäter und Gewalttätige durchgeführt (Weidner, 2001). Wenn Sie also eine Lösung für ein reines Wutproblem suchen, sollten Sie sich mit den anderen Möglichkeiten beschäftigen.
Hausmittel gegen Aggression?! – Diese Bezeichnung sollte eher metaphorisch gesehen werden. Hierbei handelt es sich nicht unbedingt um "Rezepte", sondern um Techniken, die Sie in Ihrem Alltag anwenden können. Zum Beispiel das Atmen: Eine tiefe, bewusste Atmung kann helfen, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren (Phillips et al., 2019). In aufgeladenen Situationen können Sie sich so beruhigen und einen klaren Kopf bewahren. Auch die progressive Muskelentspannung kann hilfreich dabei sein, körperlichen Stress und Anspannung abzubauen (Nickel et al., 2005). Dabei spannen Sie bestimmte Muskelgruppen Ihres Körpers bewusst an, um sie danach wieder zu entspannen. Diese Praktik kann effektiv bei der Behandlung von Aggressionen helfen und die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessern.
Ein wichtiger Rat: Die Selbstreflexion ist ein mächtiges Werkzeug, um das eigene Verhalten zu verstehen. Durch das bewusste Nachdenken über die eigenen Handlungen können Sie Muster in Ihrem Leben erkennen. Egal ob es Verhaltensweisen Ihres Partners oder Konfliktsituationen sind, in denen Sie besonders wütend werden. – Meistens sind es dieselben Dinge, die Sie aggressiv machen. Wenn Sie diese in Ihrem Alltag wiedererkennen, können Sie im richtigen Moment einen Schritt zurücktreten. So werden die Stresssituationen Stück für Stück weniger.
Ein Anti-Gewalt-Training ist mehr als nur ein "Werkzeug". Es ist eine Chance, die Kontrolle über die eigene Wut und Aggression zu gewinnen. Mit praktischen Übungen wie Rollenspielen oder Atemtechniken können Sie lernen, Konflikte zu meistern und Gewalt hinter sich zu lassen.
Falls Sie denken, dass das Anti-Gewalt-Training nicht das Richtige für Sie ist, könnte auch das Anti-Aggressionstraining ein geeigneter Weg sein. Vielleicht wären Sie auch weniger aggressiv, wenn Sie Ihren Stress besser im Griff hätten? Ein weiteres Werkzeug für mehr Gelassenheit kann die Selbstreflexion sein.
Das Wichtigste ist: Sie haben es in der Hand, wie Sie mit Ihren Emotionen umgehen. Es gibt immer Möglichkeiten, an Ihrem Verhalten zu arbeiten. Sie haben die Möglichkeit, Ihr Leben zu verändern. Mit dem richtigen Training und einer Portion Selbsterkenntnis können Sie lernen, Ihre Wut zu kontrollieren, anstatt von ihr kontrolliert zu werden.
Averill, J. R. (1983). Studies on anger and aggression: Implications for theories of emotion. American Psychologist, 38(11), 1145–1160. https://doi.org/10.1037/0003-066X.38.11.1145.
Bliesener, T. (2010). Gewalttätige Jugendliche–Evaluation von Maßnahmen der Jugendstrafrechtspflege: Soziale Trainingskurse, Anti-Aggressions-bzw. Anti-Gewalt-Trainings. In Berliner Forum Gewaltprävention (Vol. 12, S. 149-153).
Egger, T. (2008). Beratungsarbeit und Anti-Gewalt-Programme für Täter und Täterinnen häuslicher Gewalt in der Schweiz: eine Bestandesaufnahme der Institutionen und ihrer Arbeit; Schlussbericht.
Fernández-Mendoza, J., Vela-Bueno, A., Vgontzas, A. N., Olavarrieta-Bernardino, S., Ramos-Platón, M. J., Bixler, E. O., & De la Cruz-Troca, J. J. (2009). Nighttime sleep and daytime functioning correlates of the insomnia complaint in young adults. Journal of adolescence, 32(5), 1059-1074. https://doi.org/10.1016/j.adolescence.2009.03.005.
Fröhlich-Gildhoff, K. (2006). Freiburger Anti-Gewalt-Training (FAGT): Ein Handbuch. W. Kohlhammer Verlag.
Gerra, G., Avanzini, P., Zaimovic, A., Fertonani, G., Caccavari, R., Delsignore, R., Gardini, F., Talarico, E., Lecchini, R., Maestri, D., & Brambilla, F. (1996). Neurotransmitter and endocrine modulation of aggressive behavior and its components in normal humans. Behavioural brain research, 81(1-2), 19-24. https://doi.org/10.1016/S0166-4328(96)00038-1.
Lüter, A. (2015): Prävention auf dem Prüfstand. Evaluationsstudien zu Berliner Maßnahmen und Projekten gegen Jugendgewalt. Berlin (Berliner Forum Gewaltprävention, Nr. 57).
Nickel, C., Lahmann, C., Tritt, K., Loew, T.H., Rother, W.K. and Nickel, M.K. (2005), Stressed aggressive adolescents benefit from progressive muscle relaxation: A random, prospective, controlled trial. Stress and Health, 21: 169-175. https://doi.org/10.1002/smi.1050.
Novaco, R. W. (1976). The functions and regulation of the arousal of anger. American Journal of Psychiatry, 133(10), 1124-1128.
Ohlemacher, T., Sögding, D., Höynck, T., Ethé, N., & Welte, G. (2001). Anti-Aggressivitäts-Training und Legalbewährung: Versuch einer Evaluation.
Phillips, L. A., Fritz, J. N., Rettig, L. A., Martin, K. E. (2019). Diaphragmatic breathing as treatment for escape-maintained aggression. Behavioral Interventions, 34, 216– 230. https://doi.org/10.1002/bin.1663.
Schanzenbächer, S. (2003). Lohnt sich die Behandlung von Gewalttätern? Eine Wirkungsstudie zum'Anti-Aggressivitäts-Training'. Sozialwissenschaften und Berufspraxis, 26(2), 213-226. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-38025.
Weidner, J. (2001) AAT Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter: ein deliktspezifisches Behandlungsangebot im Jugendvollzug (5., akt. Aufl.) Forum-Verl.Godesberg: Mönchengladbach.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.