Wer unter aggressiven Zwangsgedanken leidet, fragt sich schnell, wie gefährlich sie sind. Erfahren Sie hier mehr über Ursachen, Beispiele & wie man sie loswird.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Aggressive Zwangsgedanken können im Zusammenhang mit Zwangsstörungen auftreten. Diese Zwangsgedanken gehen bei Betroffenen häufig mit vielen Fragen einher. Oft steht die Unsicherheit im Raum, ob ein Aggressionsproblem besteht. Wichtig zu beachten ist, dass Personen mit aggressiven Zwangsgedanken nicht häufiger aggressiv sind (Michnevich et al., 2021). Aber was ist Aggression? Hier stehen Verhaltensmuster im Vordergrund, die bewusst darauf abzielen, anderen zu schaden. Vielleicht haben Sie den Unterschied zu aggressiven Zwangsgedanken schon erkannt. Diese Zwangsgedanken schaden niemandem. Allerdings können die Gedanken sehr belastend für den/die Betroffene/n sein.
Zwangsstörungen werden im ICD-10 (Internationale statistische Klassifikationssystem der Krankheiten) im Kapitel der Psychischen- und Verhaltensstörungen aufgeführt. Zwangsstörungen sind durch wiederkehrende Zwangsgedanken und Zwangshandlungen gekennzeichnet. Zwangsgedanken sind sich wiederholende, stereotype Gedanken, Vorstellungen oder Impulse. Sie sind quälend. Der Versuch, sich ihnen zu widersetzen, ist oft erfolglos. Zudem werden die Gedanken als zur eigenen Person gehörig empfunden, obwohl sie als unwillkürlich und oft abstoßend wahrgenommen werden (WHO, 1993).
Aggressive Zwangsgedanken sind eine Unterform von Zwangsgedanken. Sie haben einen aufdringlichen Charakter. Es bestehen wiederholte und unerwünschte Gedanken, einer anderen Person Schaden zuzufügen oder sie zu verletzen. Diese Gedanken stehen jedoch nicht im Einklang mit den moralischen Werten und der eigentlichen Persönlichkeit der betroffenen Person (Hillebrand, 2023). Gleichzeitig führen diese Gedanken zu großen Ängsten und Sorgen (Rachman, 1998). Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass aggressive Zwangsgedanken nicht notwendigerweise mit aggressivem Verhalten einhergehen (Veale et al., 2009). In der Tat berichten Personen mit Zwangsgedanken über Wut (Moscovitch et al., 2008; Radomsky et al., 2007). Häufig tritt diese auch als unterdrückte Wut auf (Moscovitch et al., 2008). Diese wird jedoch eher auf den hohen Leidensdruck der Personen zurückgeführt (Whiteside & Abramowitz, 2005). Insgesamt konnte ein geringes Risiko festgestellt werden, dass Personen mit Zwangsgedanken diesen auch nachgehen (Veale et al., 2009; Fernandez et al., 2024).
Aggressive Zwangsgedanken können verschiedene Formen annehmen. In diesem Abschnitt sollen einige Beispiele gegeben werden. Grundsätzlich gibt es intrusive Gedanken, die plötzlich auftauchen und unerwünscht, beunruhigend oder unangenehm sind (Pascual-Vera et al., 2019). Die Gedanken oder Befürchtungen können beispielsweise lauten:
Als Ursache für die Entwicklung von Zwangsstörungen wird ein Zusammenspiel von genetischen und psychischen Faktoren angenommen. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze:
Nach dieser Erklärung entstehen Zwangsstörungen dadurch, dass normale intrusive Gedanken als problematisch bewertet werden. Im Vordergrund steht dabei eine überhöhte subjektive Verantwortlichkeit. Der Betroffene fühlt sich persönlich verantwortlich für das Eintreten eines möglichen negativen Schadens. Dieser mögliche Schaden muss dann um jeden Preis verhindert werden (Mikic, 2022). Hier ein Beispiel, wie die Gedankenverkettung ablaufen könnte (Mikic, 2022):
Psychoanalytisch werden Zwangsstörungen mit einem Trieb-Abwehr-Konflikt erklärt. Über-Ich und Es stehen im Konflikt. Dabei werden aggressive Triebimpulse durch rigide, Schuldgefühle auslösende Gewissensinstanzen abgewehrt. Eine typische Kompromissbildung daraus ist dann die Zwangssymptomatik. Die Zwangssymptomatik ist also das Resultat eines gescheiterten Versuchs, unerlaubte aggressive oder sexuelle Triebhandlungen zu bewältigen. Dabei steht meist keine wirkliche Schuld im Vordergrund. Häufig handelt es sich um nicht eingestandene destruktive Wünsche und Impulse oder nicht akzeptierte sexuelle Impulse (Lang & Koepsell, 2018).
Zwänge treten in Familien gehäuft auf. Sie werden jedoch nicht vererbt. Vielmehr besteht eine Veranlagung, auf Belastungen mit einer Zwangsstörung zu reagieren. Es müssen aber mehrere Faktoren zusammenkommen, damit sich eine Zwangsstörung entwickelt. So spielen Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin im Gehirn auch bei Zwängen eine wichtige Rolle. Zudem konnte die Forschung bei Zwangsstörungen Auffälligkeiten in bestimmten Hirnarealen nachweisen. Dabei spielen das Frontalhirn, die Basalganglien und der Thalamus eine wichtige Rolle. In diesen Hirnarealen werden Reize aus der Umwelt verarbeitet und gefiltert, um das Verhalten zu steuern (Mikic, 2022).
Aggressive Zwangsgedanken haben den Charakter, dass sie sich dem Betroffenen unwillkürlich aufdrängen. Daher kann bei aggressiven Zwangsgedanken nicht von einer Gefährlichkeit gesprochen werden. Die/der Betroffene macht sich große Sorgen und hat Angst vor den Gedanken. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Menschen mit aggressiven Zwangsgedanken diese Gedanken auch ausführen. In den meisten Fällen entsprechen sie nicht den moralischen Werten der Person. Dies konnte in mehreren Studien gezeigt werden (Veale et al., 2009; Fernandez et al., 2024). Dennoch erzeugen aggressive und andere Zwangsgedanken einen hohen Leidensdruck.
Bei Menschen mit aggressiven Zwangsgedanken wird oft angenommen, dass sie ein Aggressionsproblem haben. Aggressive Zwangsgedanken sind jedoch kein Merkmal eines Aggressionsproblems. Deshalb hilft eine Aggressionstherapie bei aggressiven Zwangsgedanken nicht. Auch Homöopathie gegen Wut/Aggression hilft nicht. Studien konnten zeigen, dass homöopathische Mittel grundsätzlich keine Wirksamkeit zeigen, die über den Placeboeffekt hinausgeht.
Die kognitive Verhaltenstherapie kann bei aggressiven Zwangsgedanken auf verschiedene Weise helfen. Zunächst zielt sie darauf ab, die zugrunde liegenden kognitiven Verzerrungen zu identifizieren. Außerrdem sollen diese korrigiert werden. Die Interpretation der Zwangsgedanken als realistisch oder bedrohlich wird hinterfragt. Durch Techniken der kognitiven Umstrukturierung lernen die Betroffenen, ihre Gedanken objektiver zu betrachten. Alternative, weniger bedrohliche Interpretationen werden entwickelt. Darüber hinaus können Expositionstherapie und Reaktionsvermeidung eingesetzt werden, um die Angst vor aggressiven Gedanken zu reduzieren. Sicherere Bewältigungsstrategien werden erlernt.
In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie liegt der Schwerpunkt auf dem Verstehen der zugrunde liegenden unbewussten Konflikte und Dynamiken. Es werden die Ursachen der aggressiven Zwangsgedanken identifiziert. Die therapeutische Beziehung dient als sicherer Raum, um diese Konflikte zu erforschen und zu bearbeiten. Durch diesen Prozess können die Betroffenen neue Einsichten gewinnen. Alternative Wege können gefunden werden, um mit aggressiven Gedanken umzugehen. Langfristig kann dies zu einer Verringerung der Intensität und Häufigkeit der Zwangsgedanken führen.
Aggressive Zwangsgedanken treten im Rahmen von Zwangsstörungen auf. Sie führen oft zu Unsicherheit bezüglich möglicher Aggressionsprobleme. Studien zeigen jedoch, dass aggressive Zwangsgedanken nicht häufiger zu aggressivem Verhalten führen. Stattdessen verursachen sie einen erheblichen Leidensdruck bei den Betroffenen. Es gibt jedoch Behandlungsansätze wie die kognitive Verhaltenstherapie und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Diese helfen, die Intensität und Häufigkeit der Gedanken zu reduzieren.
Hillebrand, T. (2023). Aggressive und sexuelle Zwangsgedanken. Abgerufen am 15. März 2023 von: https://www.hogrefe.com/de/thema/aggressive-und-sexuelle-zwangsgedanken.
Fernandez, S., Daffern, M., Moulding, R., & Nedeljkovic, M. (2024). A critical comparison of aggressive intrusive thoughts in obsessive compulsive disorder and aggressive scripts in offender populations. Aggression and Violent Behavior, 101920. https://doi.org/10.1016/j.avb.2024.101920.
Lang, H., & Koepsell, K. (2018). Zwangsstörungen. In A., Gumz, & S., Hörz-Sagstetter (Hrgs.), Psychodynamische Psychotherapie in der Praxis (1. Auflage, 435-446). Julius Beltz GmbH & Company KG.
Michnevich, T., Schmidt, A. F., Scheunemann, J., Moritz, S., Miegel, F., & Jelinek, L. (2021). Aggressiveness in patients with obsessive-compulsive disorder as assessed by the Implicit Relational Assessment Procedure. Journal of Contextual Behavioral Science, 21, 176-186. https://doi.org/10.1016/j.jcbs.2021.06.008.
Moscovitch, D. A., McCabe, R. E., Antony, M. M., Rocca, L., & Swinson, R. P. (2008). Anger experience and expression across the anxiety disorders. Depression and anxiety, 25(2), 107-113. https://doi.org/10.1002/da.20280.
Pascual-Vera, B., Akin, B., Belloch, A., Bottesi, G., Clark, D. A., Doron, G., ... & Sica, C. (2019). The cross-cultural and transdiagnostic nature of unwanted mental intrusions. International Journal of Clinical and Health Psychology, 19(2), 85-96. https://doi.org/10.1016/j.ijchp.2019.02.005.
Rachman, S. (1998). A cognitive theory of obsessions. In Behavior and cognitive therapy today (pp. 209-222). Pergamon. https://doi.org/10.1016/B978-008043437-7/50017-X.
Radomsky, A. S., Ashbaugh, A. R., & Gelfand, L. A. (2007). Relationships between anger, symptoms, and cognitive factors in OCD checkers. Behaviour Research and Therapy, 45(11), 2712-2725. https://doi.org/10.1016/j.brat.2007.07.009.
Veale, D., Freeston, M., Krebs, G., Heyman, I., & Salkovskis, P. (2009). Risk assessment and management in obsessive–compulsive disorder. Advances in psychiatric treatment, 15(5), 332-343. doi:10.1192/apt.bp.107.004705.
Whiteside, S. P., & Abramowitz, J. S. (2005). The expression of anger and its relationship to symptoms and cognitions in obsessive–compulsive disorder. Depression and anxiety, 21(3), 106-111. https://doi.org/10.1002/da.20066.
World Health Organization(WHO). (1993). The ICD-10 classification of mental and behavioural disorders. World Health Organization.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.