Hier erfahren Sie, was hinter dem Begriff der Aggressionsverschiebung steckt. Wir erklären sie anhand von Beispielen und zeigen Ihnen Wege auf, wie man sie vermeidet.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Aggression ist das absichtliche Zufügen von Schaden gegenüber anderen (Fischer et al., 2013). Sie kann sich auf verschiedene Arten und in unterschiedlichen Situationen manifestieren. In vielen Fällen richtet sich die Aggression jedoch nicht direkt gegen die Quelle des Ärgers oder der Frustration. Stattdessen kann sie sich verschieben oder auf andere Personen oder Objekte übertragen werden.
Wenn Sie sich fragen „Warum werde ich so schnell aggressiv?“ oder “Habe ich Aggressionsprobleme?”, kann es hilfreich sein, zu reflektieren, inwiefern hier Aggressionsverschiebung eine Rolle spielt.
“Wie du mir, so ich dir” (Axelrod, 1984) - dieses Prinzip erklärt eine Vielzahl zwischenmenschlicher Verhaltensweisen - so auch die Aggressionsverschiebung. Hier wird die Aggression jedoch auf eine andere Person oder ein anderes Objekt übertragen.
So kann es vorkommen, dass eine Person im Alltag eine starke Provokation erfährt, aber keine Gegenreaktion erfolgen kann. Dies ist häufig im Arbeitsleben der Fall. Wenn sich diese Person dann aggressiv gegenüber einer unschuldigen Person verhält, kann dies auf eine Verdrängung der aggressiven Neigung gegenüber dem ursprünglichen Provokateur zurückzuführen sein (Miller et al. 2003). Die Person verschiebt die Aggression, die auf den ursprünglichen Aggressor gerichtet war.
Im Rahmen der Frustrations-Aggressions-Theorie wird argumentiert, dass eine starke Provokation zu Frustration führt. Eine Reaktion auf diese Frustration kann dann aggressives Verhalten sein (Dollard et al., 1939).
Miller (1941) arbeitete Faktoren heraus, unter denen Aggressionen sich wahrscheinlich nicht gegen den Auslöser zeigen, sondern zurückgehalten werden (Marcus-Newhall et al., 2000):
(a) Die provozierende Person ist nicht verfügbar (z.B. der Provokateur hat die unmittelbare Umgebung verlassen),
(b) Die Quelle der Frustration ist nicht greifbar (z.B. schlechtes Wetter, viel zu heißes Wetter) (Konečni & Doob, 1972)
(c) Eine Vergeltung oder Bestrafung wird durch den Provokateur befürchtet (z.B. der Provokateur ist der eigene Chef oder verfügt über andere Machtquellen)
Aggressionsverschiebung wird häufig anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht (Marcus-Newhall et al., 2000): Stellen Sie sich eine Person vor, die bei der Arbeit vom Chef beschimpft wird. Da sie jedoch Angst hat, den Job zu verlieren, wehrt sich die Person nicht. Eine Gegenreaktion ist somit ausgeschlossen. Nun kommt die Person Stunden später nach Hause. Als die Person von deren Hund begrüßt wird, reagiert diese mit einem Tritt gegen ihr Haustier.
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass starkes Grübeln über eine erlebte Provokation die Wahrscheinlichkeit von Aggressionsverschiebung erhöht (Bushman et al., 2005). Im Gegensatz dazu reagierten abgelenkte Probanden weniger mit Aggressionsverschiebung. Was bedeutet das im Klartext? Es ist entscheidend, worauf man sich nach einer erlebten Provokation konzentriert. Konzentriert man sich auf die schlechte Laune und die Provokation, ist eine Aggressionsverschiebung gegen jemand anderen wahrscheinlich. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit hingegen auf andere Ereignisse lenken, ist eine Aggressionsverschiebung weniger wahrscheinlich (Bushman et al., 2005). Mit Deeskalationstraining-Übungen kann der Gegenüber hier auch unterstützend wirken.
Mithilfe der kognitiven Neubewertung wird versucht, die emotionsauslösende Situation kognitiv aufzuarbeiten. Ziel ist eine Neubewertung der Situation (Scott et al., 2015). Hier konnten in Studien mehrere positive Effekte dieser Strategie festgestellt werden: weniger negative Emotionen (Butler et al., 2003), höhere Verfügbarkeit kognitiver Ressourcen (Franchow & Suchy, 2014) und bessere physiologische Funktion (Denson, Grisham, & Moulds, 2011).
Der Versuch, Emotionen nach einer Provokation zu unterdrücken, scheint das Risiko des Ausagierens von Aggression zu erhöhen (Scott et al., 2015). Um diese Unterdrückung der Aggression (siehe auch Aggressionshemmung) zu vermeiden, kann es hilfreich sein, einen angemessenen Umgang mit den eigenen Emotionen zu erlernen (Scott et al., 2015).
Wenn Ihr Chef Sie anschreit und Sie aus Sorge, dass Sie Ihren Job verlieren, keine Gegenreaktion zeigen, kann das Frustration auslösen. Wenn Sie nun Ihren Frust an einer anderen Person oder einem Gegenstand auslassen, spricht man von Aggressionsverschiebung. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Aggressionsverschiebung zu minimieren.
Axelrod, R. (1984). The evolution of cooperation. New York: Basic Books.
Bushman, B. J., Bonacci, A. M., Pedersen, W. C., Vasquez, E. A., & Miller, N. (2005). Chewing on It Can Chew You Up: Effects of Rumination on Triggered Displaced Aggression. Journal of Personality and Social Psychology, 88(6), 969–983. https://doi.org/10.1037/0022-3514.88.6.969.
Butler, E. A., Egloff, B., Wilhelm, F. H., Smith, N. C., Erickson, E. A., & Gross, J. J. (2003). The social consequences of expressive suppression. Emotion (Washington, D.C.), 3(1), 48–67. https://doi.org/10.1037/1528-3542.3.1.48.
Denson, T. F., Grisham, J. R., & Moulds, M. L. (2011). Cognitive reappraisal increases heart rate variability in response to an anger provocation. Motivation and Emotion, 35, 14–22. doi: 10.1007/s11031-011-9201-5.
Dollard, J., Miller, N. E., Doob, L. W., Mowrer, O. H., & Sears, R. R. (1939). Frustration and aggression. Yale University Press. https://doi.org/10.1037/10022-000.
Fischer, P., Jander, K., &, Krueger, J. (2018). Aggression. In: Sozialpsychologie für Bachelor. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56739-5_5.
Franchow, E. I., & Suchy, Y. (2014). Naturally-occurring expressive suppression in daily life depletes executive functioning. Emotion.
Konecni, V. J., & Doob, A. N. (1972). Catharsis through displacement of aggression. Journal of Personality and Social Psychology, 23(3), 379–387. https://doi.org/10.1037/h0033164.
Marcus-Newhall, A., Pedersen, W. C., Carlson, M., & Miller, N. (2000). Displaced aggression is alive and well: A meta-analytic review. Journal of Personality and Social Psychology, 78(4), 670–689. https://doi.org/10.1037/0022-3514.78.4.670.
Miller, N. E. (1941). The frustration-aggression hypothesis. Psychological Review, 48, 337-342.
Miller, N., Pedersen, W. C., Earleywine, M., & Pollock, V. E. (2003). A Theoretical Model of Triggered Displaced Aggression. Personality and Social Psychology Review, 7(1), 75–97. https://doi.org/10.1207/S15327957PSPR0701_5.
Scott, J. P., DiLillo, D., Maldonado, R. C., & Watkins, L. E. (2015). Negative urgency and emotion regulation strategy use: Associations with displaced aggression. Aggressive behavior, 41(5), 502-512. https://doi.org/10.1002/ab.21588.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.