Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof

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Katharsis-Hypothese einfach erklärt 

In diesem Artikel soll die Katharsis-Hypothese näher betrachtet werden. Vielleicht fragen Sie sich: Was hat die Katharsis-Hypothese mit Wut und Aggression zu tun? Ein wichtiger Punkt ist hierbei, dass die Katharsis-Hypothese Teil einer Aggressionstheorie ist. Und zwar des triebtheoretischen Ansatzes. Der triebtheoretische Ansatz besagt, dass Aggression angeboren und evolutionär vorteilhaft ist. Gewalt und Aggression sind nach diesem Ansatz also angeborene Instinkte (Fischer et al., 2013). In der weiteren Entwicklung ging Freud davon aus, dass es zwei grundlegende Triebe gibt: den Sexualtrieb und den Aggressionstrieb. Nach Freud dient die Aggression als wichtiger Bestandteil des Lustgewinns (Fischer et al., 2013). Und in diesem Sinne sei es wichtig, Aggressionen auszuleben. Doch was hat das mit der Katharsis-Hypothese zu tun? Dazu möchten wir zunächst erklären, was die Katharsis-Hypothese ist.

Was besagt die Katharsis-Hypothese im Kontext von Aggression?

Man muss nicht den Kopf in die Waschmaschine stecken: Der Artikel erklärt einfach, was unter der Katharsis-Hypothese zu verstehen ist

Wir alle kennen die kleinen Herausforderungen des Alltags. Ein Streit mit einer nahestehenden Person oder eine schlechte Note in einer Prüfung. All das kann sich aufstauen. Stellen Sie sich dazu einen “psychischen Druckbehälter" vor, ähnlich einem Dampfkessel. Was aber, wenn dieser Druckbehälter voll ist? Der aufgestaute Frust entlädt sich. Und wie? In Form von Aggression. Diese Aggression kann sich direkt gegen die Ursache richten oder auf andere Weise umgeleitet werden. Zum Beispiel, indem man auf Gegenstände reagiert, statt sich direkt mit einer Person auseinanderzusetzen. Dies wird als Aggressionsverschiebung bezeichnet. Diese Entladung der Aggression gegen die Ursache oder die Verschiebung auf jemand anderen bezeichnet man dann als Katharsis-Hypothese (Fischer et al., 2013). 

Zur Erklärung von Aggression gibt es neben dem triebtheoretischen Ansatz auch die Frustrations-Aggressions-Theorie. Ähnlich wie beim triebtheoretischen Ansatz wird eine aufgestaute Frustration als Erklärung für Aggression herangezogen. Allerdings wird die Erklärung verfeinert. Frustration kann zu negativen Emotionen führen. Daraus kann Aggression entstehen (Berkowitz, 1988). 

Ein weiterer Bereich der Aggression, in dem die Katharsis-Hypothese zur Erklärung herangezogen wird, ist die Wirkung von Mediengewalt. Hier wird die These aufgestellt, dass aggressives Verhalten von Kindern und Jugendlichen gehemmt wird, wenn Medien mit Gewaltdarstellungen konsumiert werden (Pfetsch & Steffgen, 2007). Ob diese Theorie haltbar ist, schauen wir uns im nächsten Abschnitt an. 

Gilt die Katharsis-Hypothese als widerlegt?

Mit der Lupe wird genauer hingeschaut und beleuchtet, ob die Katharsis-Hypothese als widerlegt gilt

Aus Sicht der psychophysiologischen Forschung zeigt sich, dass Aggression unter bestimmten Bedingungen tatsächlich zu einer Reduktion der Erregung führen kann. Dies konnte z.B. für die kardiovaskuläre Aktivität gemessen werden (Geen & Quanty, 1977). Im Allgemeinen konnte der Katharsis-Effekt jedoch nicht bestätigt werden. 

Studien haben gezeigt, dass das kathartische Ausagieren von Aggression unwirksam ist (Bushman et al., 1999; Bushman et al., 2001; Bushman, 2002). Es konnte sogar das Gegenteil nachgewiesen werden. Wenn Menschen beispielsweise auf Kissen schlagen, um ihre Wut abzureagieren, führt dies zu mehr Aggression (deshalb stehen beispielsweise auch Wuträume bzw. Rage Rooms in der Kritik). Es wird vermutet, dass das reine Ausleben von Aggression keinen entwicklungsfördernden Effekt hat. Die Aggression wird einfach nur ausgelebt, ohne dass Strategien zur Selbstkontrolle erworben werden (Del Vecchio & O’Leary, 2004). 

Auch in Bezug auf Gewalt in den Medien wird die Katharsis-Hypothese angezweifelt. Hier konnte in mehreren Studien festgestellt werden, dass bei Mediengewalt keine Katharsis stattfindet. Auch hier ist eher das Gegenteil der Fall. Betrachtet man in diesem Zusammenhang, wie das Gehirn funktioniert, lässt sich die Katharsis-Theorie ebenfalls nicht nachvollziehen. Das Gehirn lernt Verhalten durch Wiederholung. Das heißt, wenn man lernt, auf aggressives Verhalten mit Aggression zu reagieren, lernt das Gehirn aggressiv zu sein (Gentile, 2013). 

Fazit: Das ist die Katharsis-Hypothese 

Die Katharsis-Hypothese besagt, dass das Ausleben von Emotionen, insbesondere von Aggressionen, zu einem Abbau dieser Emotionen führen kann. Ursprünglich in der antiken griechischen Tragödie von Aristoteles beschrieben, fand sie auch in der Psychologie Anwendung. Heute wird die Katharsis-Hypothese jedoch zunehmend kritisch betrachtet und ihre Gültigkeit infrage gestellt. Studien konnten ihre Wirksamkeit nicht eindeutig belegen und es wird argumentiert, dass das Ausleben von Aggressionen sogar zu einer Verstärkung aggressiven Verhaltens führen kann. Insgesamt hat die Katharsis-Hypothese daher heute in der Psychologie einen geringeren Stellenwert.

Über die Autoren
Katrin Hoster

Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.

Ferdinand Kirchhof

Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.

Kerstin Bickert

Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.

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