Impulsivität kann kontrolliert werden. Wie man diese Impulskontrolle auch als Erwachsener noch lernen kann, erfahren Sie hier.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Haben Sie sich schon einmal gewünscht, Ihre Impulse besser kontrollieren zu können? Auch wenn es nicht so scheint, ist dieser Wunsch recht weit verbreitet. Viele Menschen hätten gerne mehr Kontrolle über ihre Handlungen. Es gibt Momente, in denen man sich von Emotionen überwältigt fühlt und impulsiv handelt (Al-Hammouri et al., 2021) . Bei manchen ist es der unwiderstehliche Drang, eine Leckerei zu verzehren (Mobbs et al., 2010). Bei anderen ein plötzlicher Ausbruch von Wut in einem Streit. Vielleicht erleben Sie sogar ähnliche Situationen in ihrem eigenen Leben. Doch was, wenn Sie lernen könnten, diese Impulse zu kontrollieren? Was, wenn es Ihnen dadurch möglich wäre, bewusstere und gesündere Entscheidungen zu treffen? Dieser Artikel dreht sich speziell um das Erlernen von Impulskontrolle bei Erwachsenen. Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihre Impulse besser steuern können. Denn Impulskontrolle ist eine Verhaltensweise, die gelernt werden kann (Peckham & Johnson, 2018)..
Wenn Sie selbst Schwierigkeiten haben, Ihre Impulse zu kontrollieren, haben Sie es sicherlich schon am eigenen Leib gemerkt: – Impulsgesteuerte Handlungen können zu Problemen führen (Odlaug & Grant, 2010). – Sowohl in persönlichen Beziehungen als auch in beruflichen Situationen. Hier ein Beispiel: Egal, ob es ein gemeiner Kommentar von einer Arbeitskollegin oder eine Diskussion mit Ihrem Partner ist. Sie reagieren zu schnell, ohne zu überlegen. Und schon haben Sie etwas geantwortet, das Sie später bereuen. Die möglichen Konsequenzen liegen auf der Hand. Im schlimmsten Fall können Ihre unüberlegten Handlungen sogar Ihre Beziehung oder Karriere beeinträchtigen.
Außerdem sollten Sie sich folgende Frage stellen: Sagen wir mal, Sie würden sich vor jeder Handlung einen Moment Zeit lassen, um nachzudenken. Wieviel besser würden Sie sich dann fühlen? Wie viel mehr Kontrolle hätten Sie dann über sich und Ihre Umstände? Und zusätzlich würden Sie jedes Mal, wenn Sie eines dieser Ziele erreichen, an Ihre klugen Entscheidungen denken und wären stolz auf sich. Mit der Zeit würden Sie selbstbewusster werden. Die allgemeine Lebensqualität und Ihr Selbstwert (Loney, 1974) würde zunehmen, weil Sie beginnen würden, sich selbst und andere Menschen besser zu verstehen.
Studien haben gezeigt, dass Menschen mit guter Impulskontrolle bzw. Selbstkontrolle weniger anfällig für psychische Störungen sind (Tangney et al., 2008). Dazu gehören zum Beispiel Angst (Cheung & Ng, 2019), Stress (Oaten & Cheng, 2010) und Depressionen (Fuchs & Rehm, 1977). Sie sind ebenfalls in der Lage, besser mit schwierigen Emotionen und Lebensumständen umzugehen.
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Die gute Nachricht für Sie ist: Impulskontrolle ist trainierbar (Peckham & Johnson, 2018). Im Folgenden finden Sie verschiedene Methoden und Ansätze, die Ihnen dabei helfen können:
Es gibt eine Reihe von Übungen, die genau auf Ihr Problem abzielen: Die Impulskontrolle bei Menschen zu verbessern. Beispielsweise kann Ihnen Achtsamkeit dabei helfen, Ihre Reaktionen auf Gedanken und Gefühle besser zu kontrollieren. Achtsamkeitsübungen sorgen dafür, dass Sie sensibler mit sich selbst umgehen können. Zu diesen Übungen gehören beispielsweise bestimmte Meditationen. Auch wenn es abstrakt klingt, können Ihnen bestimmte Meditationen (Kozasa et al., 2012) oder Yoga (Kerekes et al., 2017) gezielt dabei helfen, Ihre Umgebung und Ihren Körper bewusster wahrzunehmen. Dadurch können Sie die Reize um sich herum besser erkennen und einordnen.
Wenn Sie sich durch Ihre Impulsivität stark eingeschränkt fühlen, kann es durchaus eine Option sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapiemaßnahmen werden zur Behandlung von Impulskontrollstörungen angeordnet. Effektiv ist dabei die kognitive Verhaltenstherapie (Hodgins & Peden, 2008). Diese beschäftigt sich damit, Gedanken und Verhaltensmuster zu erkennen und zu ändern. Diese Fähigkeit ermöglicht es vielen Patienten, immer mehr Einfluss auf die eigenen Handlungen zu nehmen und somit die Impulskontrolle zu meistern.
Um Ihre eigenen Impulse zu kontrollieren, ist Selbstkontrolle gefragt. Durch regelmäßigen Sport können Sie diese Eigenschaften stärken (Shachar et al., 2016). Die Überwindung, immer wieder etwas Anstrengendes zu tun, stärkt zudem Ihr Selbstbewusstsein. Auch andere gesunde Gewohnheiten können zu einer besseren Impulskontrolle beitragen. Eine gesunde Ernährung (Verplanken et al., 2003), guter Schlaf (Ireland & Culpin, 2006) und Stressreduktion sorgen auf Dauer für mehr Gelassenheit.
Wechseln Sie öfter die Perspektive! Auch das kann ein nützliches Werkzeug sein, um Ihre Impulsivität kontrollieren zu lernen. Was damit gemeint ist? Es geht darum, den Blickwinkel einer anderen Person einzunehmen. Ähnlich wie ein Rollentausch. Versuchen Sie sich in die Lage Ihres Gegenübers hineinzubegeben, wenn Sie das nächste Mal impulsiv gegenüber anderen sind. Dadurch können Sie Ihr eigenes Verhalten besser beobachten und hinterfragen. Dies kann Ihnen dabei helfen, andere Menschen zu verstehen und auf sie einzugehen.
Vielleicht haben Sie als Kind nicht gelernt, Ihre Impulse zu kontrollieren. Oder steckt doch Ihre Genetik dahinter? Für impulsives Verhalten gibt es immer verschiedene Ursachen. Wenn Sie sich im Klaren sind, warum Sie nach bestimmten Mustern handeln, können Sie einfacher lernen, Ihren Impulsen zu widerstehen.
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Durch Selbstreflexion können Sie lernen, über Ihre eigenen Handlungen nachzudenken. In der Praxis heißt das: Sie beginnen, Ihr eigenes Verhalten und dessen Folgen zu hinterfragen. Auch wenn es für Sie komisch klingt: Ein gutes Werkzeug zur Selbstreflexion kann das Führen eines Tagebuchs sein (Baikie & Wilhelm, 2018). Durch das Aufschreiben von Erlebnissen können Sie Ihre eigenen Gefühle besser verstehen. Sie gewinnen einen neuen Blickwinkel auf sich selbst. Ein Tagebuch bringt Ihnen bei, die eigenen Verhaltensmuster zu erkennen (Travagin et al., 2015). Diese Fähigkeit ist essenziell beim Erlernen der Impulskontrolle.
Impulskontrolle ist etwas, das Sie lernen können. Sie kann Ihnen zu bewussteren und gesünderen Entscheidungen behelfen. Auch Ihre emotionale Intelligenz und das Selbstbewusstsein können durch eine gute Impulskontrolle gestärkt werden. Verschiedene Methoden und Übungen können dazu beitragen, diese Kontrolle zu erlangen: Dazu gehören Achtsamkeitsübungen, Therapie, Sport, positive Gewohnheiten, Perspektivenwechsel, das Erkennen von Ursachen, Selbstreflexion und Selbsthilfe.
Es braucht etwas Zeit und Willenskraft, die Kontrolle über Ihre eigenen Impulse zu lernen, aber es lohnt sich. All diese Strategien tragen dazu bei, dass Sie sich selbst besser verstehen und beherrschen können. Eine verbesserte Impulskontrolle kann Ihre Lebensqualität in vielerlei Hinsicht verbessern.
Erfahren Sie mehr zum Thema Impulskontrolle im Wut-Coaches Podcast!
Al-Hammouri, M. M., Rababah, J. A., & Shawler, C. (2021). A Review of the Concept of Impulsivity: An Evolutionary Perspective. ANS. Advances in nursing science, 44(4), 357–367. https://doi.org/10.1097/ANS.0000000000000370
Baikie, K., & Wilhelm, K. (2005). Emotional and physical health benefits of expressive writing. Advances in Psychiatric Treatment, 11(5), 338-346. doi:10.1192/apt.11.5.33
Cheung, R. Y., & Ng, M. C. (2019). Mindfulness and symptoms of depression and anxiety: The underlying roles of awareness, acceptance, impulse control, and emotion regulation. Mindfulness, 10(6), 1124-1135. https://doi.org/10.1007/s12671-018-1069-y
Fuchs, C. Z., & Rehm, L. P. (1977). A self-control behavior therapy program for depression. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 45(2), 206–215. https://doi.org/10.1037/0022-006X.45.2.206
Hodgins, D. C., & Peden, N. (2008). Cognitive-behavioral treatment for impulse control disorders. Brazilian Journal of Psychiatry, 30, S31-S40. https://doi.org/10.1590/S1516-44462006005000055
Ireland, J. L., & Culpin, V. (2006). The relationship between sleeping problems and aggression, anger, and impulsivity in a population of juvenile and young offenders. Journal of Adolescent Health, 38(6), 649-655. https://doi.org/10.1016/j.jadohealth.2005.05.027
Kerekes, N., Fielding, C., & Apelqvist, S. (2017). Yoga in correctional settings: A randomized controlled study. Frontiers in Psychiatry, 8, 204. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2017.00204
Kozasa, E. H., Sato, J. R., Lacerda, S. S., Barreiros, M. A., Radvany, J., Russell, T. A., ... & Amaro Jr, E. (2012). Meditation training increases brain efficiency in an attention task. Neuroimage, 59(1), 745-749. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2011.06.088
Loney, J. (1974). The relationship between impulse control and self-esteem in school children. Psychology in the Schools, 11(4), 462–466. https://doi.org/10.1002/1520-6807(197410)11:4
Mobbs, O., Crépin, C., Thiéry, C., Golay, A., & Van der Linden, M. (2010). Obesity and the four facets of impulsivity. Patient education and counseling, 79(3), 372-377. https://doi.org/10.1016/j.pec.2010.03.003
Oaten, M., & Cheng, K. (2006). Improved self-control: The benefits of a regular program of academic study. Basic and Applied Social Psychology, 28(1), 1-16. https://doi.org/10.1207/s15324834basp2801_1
Odlaug, B. L., & Grant, J. E. (2010). Impulse-control disorders in a college sample: results from the self-administered Minnesota Impulse Disorders Interview (MIDI). The Primary Care Companion for CNS Disorders, 12(2), 27367. doi:10.4088/PCC.09m00842whi
Peckham, A. D., & Johnson, S. L. (2018). Cognitive control training for emotion-related impulsivity. Behaviour Research and Therapy, 105, 17-26. https://doi.org/10.1016/j.brat.2018.03.009
Shachar, K., Ronen-Rosenbaum, T., Rosenbaum, M., Orkibi, H., & Hamama, L. (2016). Reducing child aggression through sports intervention: The role of self-control skills and emotions. Children and youth services review, 71, 241-249. https://doi.org/10.1016/j.childyouth.2016.11.012
Tangney, J. P., Baumeister, R. F., & Boone, A. L. (2004). High self‐control predicts good adjustment, less pathology, better grades, and interpersonal success. Journal of personality, 72(2), 271-324. https://doi.org/10.1111/j.0022-3506.2004.00263.x
Travagin, G.,Margola, D., & Revenson, T. A. (2015). How effective are expressive writing interventions for adolescents? A meta-analytic review, Clinical Psychology Review, 36, 42-55. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2015.01.003.
Verplanken, B., Herabadi, A. G., Perry, J. A., & Silvera, D. H. (2005). Consumer style and health: The role of impulsive buying in unhealthy eating. Psychology & Health, 20(4), 429-441. https://doi.org/10.1080/08870440412331337084
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.