Ist jemand, der zu häufigen Wutausbrüchen neigt, auch gleich ein Choleriker? Erfahren Sie hier, welche Merkmale einem sogenannten Choleriker zugeschrieben werden.
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof
Wer jemanden als Choleriker bezeichnet, meint damit meist eine Person, die bereits bei kleinen Streitereien um belanglose Dinge eine heftige, wütende Reaktion zeigt. Es braucht nicht viel und von einem Moment auf den nächsten findet man sich in einem lauten Streit wieder … in dem die Fetzen fliegen. Meistens finden diese Konflikte in den eigenen vier Wänden statt und auf Dauer können Wutausbrüche, die dann im Volksmund häufig cholerische Anfälle genannt werden, die Beziehungen in einer Familie stark belasten (Dattilio et al. 1998; McDermut et al., 2009). Unter solchen Bedingungen können sowohl die Partnerschaft oder Ehe als auch die Beziehung zu den eigenen Kindern beeinträchtigt werden. Um besser mit aggressiven Menschen im eigenen Umfeld umgehen zu können, ist es wichtig zu verstehen, welche Charakteristika darauf schließen lassen, dass man es mit einer aggressiven Person zu tun hat, bzw. einer Person, die Choleriker genannt wird.
Dazu ist wichtig zu erwähnen, dass der Begriff Choleriker aus der antiken Medizin stammt. Heutzutage gilt das Konzept des Cholerikers als verdrängt, da dieser auf keiner wissenschaftlichen Basis aufbaut. Trotzdem wird der Begriff im Volksmund noch verwendet. Es gibt keine wissenschaftliche Herleitung von Merkmalen eines Cholerikers, allerdings gibt es Merkmale, die im Volksmund sogenannten cholerischen Personen zugeschrieben werden. Diese Zuschreibungen beruhen nicht auf Expertenwissen, sondern auf allgemein verbreiteten Vorstellungen und gewöhnlichen Erklärungsweisen, um das Handeln und Erleben des Menschen darzustellen, zu verstehen und vorherzusagen (Asendorpf, & Neyer, 2018; Ashton, 2023; Dammeyer, & Zettler, 2018).
Welche Merkmale sind es, die einem Choleriker zugeschrieben werden? Welche Verhaltensweisen werden einem Choleriker zugeschrieben? Eine Übersicht über diese Merkmale finden Sie hier im Artikel.
Darüber hinaus erfahren Sie mehr über das Thema Choleriker in unserem Podcast.
Hitzkopf, Heißsporn, Wüterich. Diese Bezeichnungen erinnern viele Menschen an den klassischen Choleriker. Stereotypisch habe dieser ständig einen roten Kopf und bei bestimmten Themen gehe dieser einfach an die Decke. Fiktive Figuren oder Promis mit einem Hang zu Wutausbrüchen prägen das Bild der Menschen, wenn es darum geht, wie sich ein Choleriker verhalte. In diesem Kapitel finden Sie die Merkmale, die einem Choleriker zugeschrieben werden.
Selbst harmlose Ereignisse und Bagatellen seien für einen Choleriker ein Grund, die Kontrolle zu verlieren. Fühlen Betroffene sich provoziert oder besonders herausgefordert, soll es schnell dazu kommen, dass sie in einem cholerischen Anfall aus der Haut fahren.
In der Psychologie wird der Begriff “Wutausbrüche” verwendet, um kurze Episoden extremer, unangenehmer und manchmal aggressiver Verhaltensweisen als Reaktion auf Frustration oder Ärger zu beschreiben (Daniels et al., 2012). Wutausbrüche werden wissenschaftlich untersucht und sind von dem Konzept von “Cholerischen Anfällen”, welches auf keiner wissenschaftlichen Basis aufbaut, zu unterscheiden.
Einige sogenannte Choleriker sollen ein besonders aggressives Verhalten an den Tag legen. Die Aggression soll sich zeigen, indem sie auf Kleinigkeiten laut und schreiend reagieren, Gegenstände geworfen oder andere Menschen bedroht werden.
Mehr dazu in unserem Fachartikel “Was ist Aggression”
Eine Studie konnte herausfinden, dass Personen unterschiedlich schnell gereizt werden (Koole et al., 2022). Häufig gereizt zu sein und heftig auf kleine Unannehmlichkeiten zu reagieren, soll im Volksmund ein weiteres Verhaltensmuster von Cholerikern sein. Selbst scheinbar harmlose Anmerkungen oder Handlungen könne cholerische Menschen leicht provozieren und zu einem enormen Wutausbruch führen.
In manchen Situationen kann ein wenig Aggressivität durchaus nützlich sein und Menschen beispielsweise dabei helfen, die eigenen Grenzen zu kommunizieren. Ein sehr deutliches Merkmal von cholerischem Verhalten sei der Verlust der Kontrolle über die eigenen Gefühle. Viele Choleriker sollen ihre Wut nicht angemessen steuern können und lassen sich von ihr überwältigen. In Streitereien und Konflikten würden sie “rot sehen”. Das ist zumindest das, was viele Menschen denken, wenn sie an die Selbstkontrolle eines sogenannten Cholerikers denken.
In der Psychologie wird Selbstkontrolle als die Fähigkeit beschrieben, die eigenen Gedanken, Gefühle und das eigene Verhalten im Kontext der Erreichung der eigenen Ziele zu regulieren (de Ridder et al., 2017). Dabei konnten Zusammenhänge zwischen geringer Selbstkontrolle und hoher Aggression (Lei et al., 2020) gefunden werden. Das bedeutet, dass Personen, die ihre Gedanken, Gefühle und das eigene Verhalten nicht kontrolliert bekommen, häufiger zu Aggression neigen.
Zu diesem Thema finden Sie mehr im Fachartikel “Wut kontrollieren”
Bei cholerischen Menschen sei es sehr schwer vorherzusagen, wie sie auf bestimmte Umstände reagieren werden. Wutausbrüche (Daniels et al., 2012) oder Aggressionen sind häufig unvorhersehbar und die Stimmung kann von einem Moment auf den nächsten kippen. Selbst wenn gerade noch gelacht wurde und gute Laune herrschte, gehen viele davon aus, dass Choleriker, sobald ihnen etwas nicht passt, schon im nächsten Augenblick der Kragen platzen könnte.
Oft wird im Volksmund angenommen, dass sogenannte Choleriker Schwierigkeiten hätten, sich Personen unterzuordnen. Sie würden dazu tendieren, Hierarchien nur sehr ungern zu respektieren. Außerdem würden sie häufig keine Kritik oder Anweisungen von anderen annehmen. Menschen mit cholerischen Verhaltensweisen würden eher die Kontrolle behalten wollen und ihre eigene Sichtweise durchsetzen.
Impulsivität lässt sich definieren als die Unfähigkeit zu warten, eine Neigung zu unüberlegtem Handeln, Unempfindlichkeit gegenüber Konsequenzen und die Unfähigkeit, unangemessene Verhaltensweisen zu unterdrücken (Reynolds et al., 2006).
Entscheidungen schnell und impulsiv zu treffen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, wird auch cholerischen Menschen zugeschrieben. Sie würden im Moment aus ihren Emotionen heraus handeln, ohne Rücksicht auf die Auswirkungen ihrer Handlungen zu nehmen. Dies solle dazu führen, dass manche Betroffene sich in gefährliche Situationen begeben und kurzfristig bereit sind, unnötige Risiken einzugehen.
Warum manche Menschen zu Cholerikern werden, finden Sie in unserem Fachartikel “Choleriker Ursachen Kindheit” heraus.
Für einige Choleriker sei es eine große Herausforderung, ihre alltäglichen Streitigkeiten und Konflikte auf eine konstruktive Art und Weise zu lösen. Sie würden dazu neigen, ihre Wut und Aggressivität als Mittel zur Durchsetzung ihres eigenen Willens einzusetzen, anstatt Mittelwege oder nachhaltige Lösungen zu finden.
Grundsätzlich gibt es keine wissenschaftlich hergeleiteten Merkmale, die auf einen Choleriker hindeuten. Dies liegt daran, dass das Konzept des Cholerikers unwissenschaftlich und ohne Untersuchungen in der Antike entstanden ist. Trotzdem gibt es Merkmale, die im Volksmund Cholerikern zugeschrieben werden. Dies können dann Merkmale wie folgende sein:
Wichtig:
Es gibt Personen, bei denen einzelne oder mehrere Merkmale zutreffen. Wichtig ist zu beachten, dass es fehlgeleitet ist, eine Person dann als Choleriker zu bezeichnen. Es handelt sich um ein verdrängtes Konzept, das heute keine Anwendung mehr findet. Sollten Sie bei einem Ihrer Mitmenschen einige der genannten Verhaltenszüge erkennen, ist es viel wichtiger, sich mit ihm auseinanderzusetzen, das Gespräch zu suchen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, anstatt ihn fehlgeleitet als Choleriker “abzustempeln”.
Erfahren Sie mehr über den Umgang mit Cholerikern im Wut-Coaches-Podcast!
Asendorpf, J.B., & Neyer, F. J. (2018). Sechs Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie. In: Psychologie der Persönlichkeit. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54942-1_2
Ashton, M. C. (2023). Biological Bases of Personality. In Individual Differences and Personality (S. 111-129). Academic Press. https://doi.org/10.1016/B978-0-323-85950-9.00007-8
Dammeyer, J. & Zettler, I. (2018). A Brief Historical Overview on Links Between Personality and Health. In Personality and Disease (S. 1–16). Academic Press. Christoffer Johansen. https://doi.org/10.1016/b978-0-12-805300-3.00001-3
Dattilio, F. M., Epstein, N. B., & Baucom, D. H. (1998). An introduction to cognitive-behavioral therapy with couples and families. In F. M. Dattilio (Ed.), Case studies in couple and family therapy: Systemic and cognitive perspectives (pp. 1–36). New York: The Guilford Press.
Daniels, E., Mandleco, B., & Luthy, K. E. (2012). Assessment, management, and prevention of childhood temper tantrums. Journal of the American Academy of Nurse Practitioners, 24(10), 569–573. https://doi.org/10.1111/j.1745-7599.2012.00755.x
McDermut, W., Fuller, J. R., DiGiuseppe, R., Chelminski, I. & Zimmerman, M. (2009). Trait Anger and Axis I Disorders: Implications for REBT. Journal of Rational-emotive & Cognitive-behavior Therapy, 27(2), 121–135. https://doi.org/10.1007/s10942-009-0092-2
Koole, S. L., Veenstra, L., Domachowska, I., Dillon, K. P., & Schneider, I. K. (2022). Embodied anger management: Approach-oriented postures moderate whether trait anger becomes translated into state anger and aggression. Motivation Science, 8(2), 174–190. https://doi.org/10.1037/mot0000257
Lei, H., Chiu, M. M., Quan, J., & Zhou, W. (2020). Effect of self-control on aggression among students in China: A meta-analysis. Children and Youth Services Review, 116, 105107. https://doi.org/10.1016/j.childyouth.2020.105107
Reynolds, B., Ortengren, A., Richards, J. B., & De Wit, H. (2006). Dimensions of impulsive behavior: Personality and behavioral measures. Personality and individual differences, 40(2), 305-315. https://doi.org/10.1016/j.paid.2005.03.024
de Ridder, D. T. D., Adriaanse, M., & Fujita, K. (2017). Self-control in health and wellbeing. In D. T. D. de Ridder, M. Adriaanse & K. Fujita (Eds.) Handbook of Self-Control in Health and Well-Being: Concepts, Theories, and Central Issues (pp. 1–7). Routledge.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.